Rentnerin klagt wegen Kohlrabiblatt

  30 Oktober 2015    Gelesen: 482
Rentnerin klagt wegen Kohlrabiblatt
In Lebensmittelgeschäften muss die Obst- und Gemüseabteilung besonders genau kontrolliert werden. Wenn nicht, haftet bei Unfällen von Kunden das Unternehmen. Doch die Beweisführung ist tückisch, wie ein Fall aus Hannover zeigt.
Ein aufgeschürftes Ohr, eine dicke Beule am Kopf und ein Bluterguss am Knie: Drei Wochen lang litt eine Rentnerin aus Hannover unter den Folgen ihres Sturzes im Supermarkt. Weil sie überzeugt davon ist, dass der Marktbetreiber für ihre Verletzungen verantwortlich ist, zog die Seniorin vor das Amtsgericht Hannover. Sie verlangt Schmerzensgeld und Schadenersatz in Höhe von rund 1800 Euro.

Das Lebensmittelunternehmen bestreitet dagegen, am Unfall in der Gemüseabteilung schuld zu sein, da diese regelmäßig kontrolliert werde. In der knapp zweistündigen Zivilverhandlung ging es heute um glitschige grüne Stellen auf den Fliesen, um von Kunden abgerissene Kohlrabi-Blätter und vor allem um die Frage, wie oft der Filialleiter den Fußboden des eher beengten, rund 380 Quadratmeter großen Ladens überprüft.

Der folgenschwere Ausrutscher passierte am 12. Juni vergangenen Jahres gegen 17.30 Uhr. Die alte Dame präsentierte im Gerichtssaal die Hose, die sie am Tag ihres Sturzes getragen hatte und die trotz Reinigung nicht von den grünen Flecken befreit werden konnte. Zudem überreichte sie der Richterin die Gesundheitssandalen, die sie am Unfalltag getragen hatte. "Ich hatte keine Hackenschuhe an", betonte die Rentnerin.

Beweismittel weggeworfen

Ihr damaliger Einkaufsbegleiter war als Zeuge extra aus Süddeutschland ausgereist. Worauf die Klägerin ausgerutscht war, konnte der 82-Jährige nicht genau beschreiben: "Es war irgendwie grün und sah aus wie Blätter, die jemand abgemacht hatte." Die Brille seiner Begleiterin, die bei dem Unfall zerbrach, konnte er nicht als Beweismittel vorlegen. Er habe sie weggeworfen. "Ich habe doch nicht gedacht, dass das vor Gericht landet", sagte der Zeuge.

Tatsächlich beschäftigt sich die Justiz immer wieder mit Unfällen im Kaufhaus oder Supermarkt. Bei der Entscheidung kommt es grundsätzlich darauf an, ob das Unternehmen ausreichende Vorkehrungen getroffen hat, um die Sicherheit der Kunden zu gewährleisten. Sprich: Ob das Unternehmen seine Verkehrssicherungspflichten eingehalten hat. Für die Obst- und Gemüseabteilung gelten besonders strenge Regeln. Etwa alle 15 bis 20 Minuten muss hier kontrolliert und gereinigt werden, haben Gerichte bereits entschieden.

Magere Entschädigung

Für die Kontrollen in dem Markt in Hannover war am 12. Juni der damalige Assistent des Filialleiters zuständig. Er habe noch etwa 15 Minuten vor dem Sturz die Gemüseabteilung in Augenschein genommen, sagte der 27-Jährige. Einen Dienstplan für die Reinigung oder Kontrollen habe es aber nicht gegeben. Nach dem Ausrutscher hatte der Mann der Klägerin auf die Beine geholfen und einen Rettungswagen alarmiert. Wie sah der Fußboden der Gemüseabteilung aus? "Da lag nur ein Kohlrabi-Blatt", beteuerte der Zeuge. "Das habe ich dann aufgehoben. Eine schmierige Flüssigkeit habe ich nicht gesehen."

Sollte die Klägerin den Zivilprozess gewinnen, wird sie nicht mehr als 800 Euro Schmerzensgeld und Schadenersatz erhalten, das machte Richterin Dagmar Frost zum Auftakt des Verfahrens bereits deutlich. Sie setzte das Schmerzensgeld und den Schadenersatz niedrig an, unter anderem weil Brille und Hose schon älter waren. Dennoch verzichteten beide Parteien in dem Rechtsstreit auf eine gütliche Einigung. Das Urteil soll am 12. November verkündet werden

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