Angeklagte Erna F. wird nicht verurteilt

  14 Oktober 2016    Gelesen: 629
Angeklagte Erna F. wird nicht verurteilt
Auch 42 Jahre nach dem Tod ihres Sohnes bleiben die Umstände ungeklärt. Der Indizienprozess gegen Erna F. wegen Mordes endet mit einem Freispruch. "Wir wissen nicht, was in der Nacht tatsächlich passiert ist", so der Vorsitzende Richter.
In einem mehr als 40 Jahre zurückliegenden Fall aus DDR-Zeiten ist Erna F. vom Vorwurf des Kindesmordes freigesprochen worden. Vor dem Landgericht Neuruppin in Brandenburg war die 74-Jährige angeklagt, in der Nacht zum 5. November 1974 in ihrer damaligen Wohnung in Schwedt ihren Sohn Mario mit Gas vergiftet und ihn zum Sterben in sein Kinderbett gelegt zu haben.

"Unsere Erkenntnisse reichten für eine Verurteilung nicht aus", erklärte der Vorsitzende Richter Udo Lechtermann. Das Gericht habe alles Mögliche unternommen, um die "prozessuale Wahrheit" herauszufinden. Damit schloss sich die 1. Strafkammer der Forderung der Verteidigung an. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) hatte auf Mord plädiert.

"Wir wissen nicht, was in der Nacht tatsächlich passiert ist", betonte Lechtermann. "Wir sehen uns schlicht nicht in der Lage, belastbare Indizien zu produzieren." Staatsanwältin Anette Bargenda erklärte, dass sie die Argumentationskette des Gerichtes genau überprüfen werde. Erst danach werde darüber entschieden, ob sie Revision gegen das Urteil einlegen werde.

Ein Rechtsmediziner hatte seinerzeit einen Unfall als Todesursache ausgeschlossen und vor Gericht eine Kohlenmonoxidvergiftung des Jungen bestätigt. Zu DDR-Zeiten war das Todesermittlungsverfahren eingestellt worden. Aufgrund einer anonymen Anzeige kam es zu einem neuen Verfahren.

Seit April war die 1. Strafkammer des Landgerichts auf Spurensuche. "Wir tasten uns durchs Dunkel der Vergangenheit", beschrieb der Lechtermann die Situation während des Prozesses. Viele Zeugen in der brandenburgischen Kleinstadt sind bereits verstorben, die Lebenden haben Erinnerungslücken oder geben Gerüchte wider. Gemutmaßt wurde auch, dass die Stasi ihre Hände im Spiel hatte, um ein Verbrechen zu vertuschen.

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