Welche Konsequenzen der Fall Albakr haben soll

  18 Oktober 2016    Gelesen: 566
Welche Konsequenzen der Fall Albakr haben soll
Der Fall Albakr hat eine Debatte über den Umgang mit Terrorverdächtigen ausgelöst. Innenexperten bemängeln Defizite im Strafvollzug und kritisieren veraltete Verfahrensregeln.
Seitdem sich der Terrorverdächtige Jaber Albakr vergangene Woche in der Justizvollzugsanstalt in Leipzig das Leben nahm, sitzt vor der Zelle seines mutmaßlichen Komplizen Khalil A. rund um die Uhr eine Wache. In den kommenden Tagen soll der 33-Jährige einem Haftrichter des Bundesgerichtshofs zugeführt werden - danach soll er nach Angaben der Bundesanwaltschaft zurück nach Sachsen gebracht werden.

Geht es nach einigen Politikern und Vertretern der Polizei, könnte es bald neue Vorschriften für den Umgang mit Verdächtigen wie Khalil A. und Jaber Albakr geben. Der Fall habe strukturelle Defizite im Strafvollzug aufgezeigt, sagte der CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer. Das gelte nicht nur für Sachsen.

Aus Sicht des Vorsitzenden des Bundestags-Innenausschusses, Ansgar Heveling, zeige der Fall, "dass unsere strafprozessualen Vorschriften auf solche Fälle des islamistischen Terrorismus noch nicht richtig zugeschnitten sind". Die veralteten Verfahrensregeln könnten dazu beigetragen haben, dass sich Albakr das Leben nehmen konnte, sagte der CDU-Politiker dem RBB.

Welche Konsequenzen soll der Fall Albakr haben? Die Forderungen im Überblick:

Terrorverdächtige wie Albakr sollen nach Ansicht der Gewerkschaft der Strafvollzugsbediensteten in Niedersachsen künftig in einem zentralen Gefängnis untergebracht werden. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag befürwortet die Idee. "Wir brauchen im Justizvollzug eine Bundeszuständigkeit für bestimmte Häftlingsgruppen wie Terrorverdächtige und islamistische Gefährder", sagte Burkhard Lischka.

Zugleich forderte Lischka bundesweit einheitliche Regeln im Vollzug: Die Lehre aus dem Fall Albakr müsse eine Korrektur der Föderalismusreform sein. Vor der Föderalismusreform II habe es einheitliche Regelungen für den Justizvollzug gegeben. Die Verantwortung für diese sei unnötigerweise an die Länder verschoben worden.
CSU-Innenexperte Mayer forderte, Terrorverdächtige künftig schneller nach Karlsruhe zu überstellen. Man müsse sich Gedanken machen, ob in solchen Fällen der Generalbundesanwalt frühzeitiger die Möglichkeit bekomme, diese Personen bei sich zu haben, sagte er im ARD-"Morgenmagazin".

Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, schlug die Einsetzung einer auf Terroristen spezialisierte Taskforce vor. Diese soll "in Fällen, die der Generalbundesanwalt übernimmt", eingreifen.

Vier unabhängige Experten sollen die Umstände bei der Fahndung nach Albakr und seinen späteren Suizid untersuchen und für die sächsische Regierung einen Bericht über den gesamten Fall erarbeiten. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa soll die Kommission mit Externen besetzt werden, die über möglichst große Erfahrungen bei Ermittlungen im Zusammenhang mit internationalem Terror verfügen. Die einzelnen Mitglieder stünden noch nicht fest.

Dem Vorschlag der CSU, islamistische Gefährder in Präventivhaft zu nehmen, erteilte der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses indes eine Absage. "Da gibt es zu Recht hohe verfassungsrechtliche Hürden - das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, dass die Überwachung von Gefährdern bei den Sicherheitsbehörden enorm viel Personal bindet, auch schon jetzt", so Heveling. Die Frage sei, ob es Möglichkeiten gebe, im Falle einer akuten Gefahr verfassungsfest tätig zu werden.

Auch im Parlament wird der Fall Albakr ein Nachspiel haben. Der Innenausschuss des Bundestags befasst sich in seiner Sitzung am Mittwoch mit der missglückten Festnahme und dem Suizid. Tags zuvor sind die Ereignisse Thema einer gemeinsamen Sondersitzung des Innen- und Rechtsausschusses des sächsischen Landtages.

Quelle : spiegel.de

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