Der neue Facebook-Messenger wird uns ruinieren

  19 Oktober 2016    Gelesen: 781
Der neue Facebook-Messenger wird uns ruinieren
Facebooks neuer Messenger wird uns demnächst verraten, worüber wir mit unseren Freunden sprechen sollen. Sollten wir das nicht selbst wissen müssen? Aussichten auf eine neue Floskel-Zeit.
Es gibt schlechte Nachrichten. Der Facebook-Messenger wird uns bald vorschlagen, worauf wir andere ansprechen sollen. Wenn man in Mainz war, soll bald unter dem eigenen Namen stehen: war in Mainz. Damit Menschen, denen wir nicht gesagt haben, dass wir in Mainz waren, uns demnächst fragen können, wie es in Mainz war. Das ist natürlich ein Untergangsszenario.

Ich stelle es mir so vor: Ich komme gerade aus Mainz heim, mache meinen Computer an und habe 14 neue Nachrichten von Menschen, die mich alle fragen, wie es in Mainz war. In der Tram, auf dem Weg zur Arbeit, treffe ich eine alte Bekannte, die sonst immer nur auf ihr Handy starrt, nun fragt sie mich: Wie war es in Mainz? Statt ihrer starre ich nun auf mein Handy, nur um festzustellen, dass der Facebook-Messenger mir keinerlei Antwortoptionen vorgibt.

Im Büro ziehe ich einen nach Mainz fragenden Kollegen ins Vertrauen: Das mit Mainz, das steht da immer noch? Er nickt. Ich berichte ihm, dass ich nach Mainz auch noch in der Kantine und auf der Toilette war. Warum hält der Messenger das für keinen guten Gesprächsaufhänger?

Der Kollege ist sehr kollegial und sagt: Julia, das liegt daran, dass du kein Foto von deinem Essen gemacht hast und von der Toilette auch nicht. Es ist erstaunlich, sage ich dann, dass das nun schon als Fehler zu werten ist.

Wenn man nichts zu reden hat, muss man auch nicht

Der Kollege versteht nicht, was mein Problem ist, denn schließlich würde ich Facebook ja mitteilen, dass ich in Mainz war. Und ich antworte, das Schlimme ist, dass ich jetzt nicht mehr unterscheiden kann, wer sich wirklich für Mainz interessiert und wer einfach keine Ahnung hat, worüber er mit mir reden soll.

Und dass früher Menschen, die nicht wussten, worüber sie mit mir reden sollen, auch nicht mit mir geredet haben, und dass ich das gut fand – denn wenn man nichts zu reden hat, braucht man auch nicht zu reden, eben weil es nichts zu reden gibt.

Es ist wie mit diesen 1500 Glückwünschen zum Geburtstag von Menschen, die eigentlich gar nicht wissen, dass man Geburtstag hat. Macht es Sie nicht auch traurig, frage ich den Kollegen, wenn Sie diese Glückwünsche lesen und dabei wissen, dass diese Menschen auch noch 1500 andere Freunde haben, die auch alle jedes Jahr einmal Geburtstag haben?

Haben Sie sich schon mal ausgerechnet, wie viel Lebenszeit die da verfloskeln? Der Kollege sieht mich unverwandt an, ein anderer fragt mich im Vorbeigehen: Julia, wie war Mainz?

Quelle : welt.de

Tags:


Newsticker