Das Wirtschaftswunder der Elfenbeinküste

  30 Oktober 2015    Gelesen: 1103
Das Wirtschaftswunder der Elfenbeinküste
Die ivorische Wirtschaft boomt - ein Erfolg des wiedergewählten Präsidenten Ouattara. Aber was bringt das den Menschen? Adrian Kriesch und Jan-Philipp Scholz haben sich auf den Cashew-Plantagen des Landes umgeschaut.
Prakash Chandra Das kann nicht aufhören zu schwärmen. Er sei ja schon viel in Afrika herumgekommen, so der Manager des indischen Lebensmittelkonzerns OLAM, aber Bedingungen wie in der Elfenbeinküste habe er noch nie erlebt. "Selbst in der Nacht fahre ich ganz alleine die vier Stunden von unserer Cashewnuss-Fabrik hier in Bouaké bis in die Hauptstadt Abidjan und ich muss mir gar keine Sorgen um meine Sicherheit machen", schwärmt Das. Er habe die Ivorer immer als verlässliche und ehrliche Geschäftspartner erlebt.

Ein Land im Cashew-Rausch

Überschwänglich - und vielleicht ein wenig zu heftig - klopft der gemütliche Inder dabei seinem ivorischen Kollegen auf Schulter. Dem ist die ganze Lobhudelei offensichtlich ein wenig unangenehm. Daouda Diomande versucht es lieber mit nüchternen Fakten statt mit netten Anekdoten, um die Goldgräberstimmung in der Cashew-Industrie der Elfenbeinküste zu verdeutlichen. Er ist für den Einkauf der Früchte verantwortlich, dafür pflegt er engen Kontakt zu den Bauern der Region rund um Bouaké im Zentrum der Elfenbeinküste.

Rund ein Drittel aller Cashewnüsse kommen von der Elfenbeinküste
"Die Konkurrenz hat enorm zugenommen - das ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass unsere Branche floriert. Wir können die Bauern nicht einfach als Lieferanten sehen, wir müssen sie als Partner betrachten", so der studierte Ökonom Diomande. Deshalb unterstütze OLAM die Bauern auch außerhalb der Saison zwischen Februar und Mai - insbesondere mit Weiterbildungsangeboten. Es ist vor allem die gestiegene Nachfrage in Europa und den USA, die der Elfenbeinküste einen regelrechten Boom beschert hat. Alleine in der Fabrik in Bouaké werden täglich mehr als 90 Tonnen Cashews verarbeitet - mehr als doppelt so viele wie noch vor drei Jahren. Insgesamt kommen aus der Elfenbeinküste inzwischen rund ein Drittel aller Nüsse weltweit.

Die Cashew-Euphorie ist nur ein Beispiel für die boomende ivorische Wirtschaft. Unter dem gerade wiedergewählten Präsidenten Alassane Ouattara hat das westafrikanische Land seit 2012 Wachstumsraten von sieben bis zehn Prozent erlebt. Der gelernte Ökonom und ehemalige Banker lockte unzählige ausländische Investoren an und baute die Infrastruktur des Landes massiv aus.

Dabei fing Ouattaras erste Amtszeit alles andere als vielversprechend an. Nachdem sein Vorgänger Laurent Gbagbo sich weigerte, seine Wahlniederlage einzugestehen, versank das Land Ende 2010 für mehrere Monate im Chaos - mehr als 3000 Ivorer starben bei Ausschreitungen.

Trotz aller positiven Entwicklungen seitdem sieht Martin Johr, Chef der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung in der Elfenbeinküste, auch Gefahren. "Eine Hauptaufgabe der neuen Regierung wird sein, dieses Wachstum in ein Wachstum zu verwandeln, das alle mit einschließt", so Johr. Die Armen hätten bisher kaum vom Boom profitiert - und dies gefährde letztendlich die soziale Stabilität im Land.

Auf den Cashew-Plantagen um Bouaké ist die Stimmung noch blendend. Obwohl die Erntezeit erst in drei Monaten beginnt, ist Lassina Kamagate zusammen mit einigen anderen Bauern schon damit beschäftigt, seine Bäume zuzuschneiden und Unkraut zu jäten. "Die vergangene Saison hätte kaum besser laufen können", so der 42-Jährige. Das liege zum einen daran, dass seine Bäume extrem viele Früchte getragen hätten. Zum anderen habe sich allein während der Erntezeit der Preis mehr als verdoppelt.
Neben den Cashew-Früchten baut Kamagate Mangos, Yamswurzeln und Reis an. Aber allein mit Cashews habe er während der dreimonatigen Erntezeit Anfang des Jahres mehr als 1800 Euro verdient - in einem Land, in der fast die Hälfte der Menschen von weniger als 250 Euro im Jahr leben, ein Vermögen. Für 2016 rechnet der Bauer sogar mit noch höheren Erträgen. Der Länder-Chef des indischen Lebensmittelkonzerns OLAM, Mallikarjuna K, teilt seinen Optimismus: "Die politische Stabilität der vergangenen Jahre war ein Segen für uns. Ich bin mir sicher, dass das Wachstum weitergeht - mindestens für die nächsten fünf bis sechs Jahre."

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