Norwegens Fischer sind die schlimmsten
Doch, Moment: Ist Walfang nicht verboten? Ja, mit Ausnahmen. Die Internationale Walfangkommission (IWC) definiert drei Kategorien: Jagen dürfen demnach Ureinwohner, um sich selbst zu versorgen sowie Forscher für wissenschaftliche Zwecke. Kommerziellen Walfang hat die IWC 1986 hingegen verboten. Die Formulierungen des Moratoriums lassen allerdings einen gewissen Spielraum.
So startete Japan beispielsweise noch 1986 ein Programm für wissenschaftlichen Walfang, um weiter Wale zu jagen. "Ursprünglich war der Wissenschaftswalfang dazu gedacht, einzelne Tiere für die Forschung zu töten", betont Pro Wildlife. Allein in der Saison 2015/2016, also zwischen September und Februar, hat das Land aber in der Antarktis unter dem Titel "Forschungsprogramm NEWREP-A" 333 Tiere getötet. Genau wie geplant, aber absolut unnötig. Auf neue, weitreichende wissenschaftliche Erkenntnisse aus diesen Fängen wartet die Welt bis heute.
Minkwale sind mit zwei Arten in tropischen und polaren Gewässern beider Erdhalbkugeln verbreitet: Es gibt den Nördlichen (Balaenoptera acutorostrata) und Südlichen Minkwal (Balaenoptera bonaerensis). Letzterer wird auch Zwergwal genannt.
Minkwale werden bis zu zwölf Meter lang, bis zu zehn Tonnen schwer und bis zu 50 Jahren alt. Sie ernähren sich bevorzugt von kleinen Krebstieren, können aber auch kleinere Fische fressen. Alle Populationen wandern im Winter von ihren bevorzugten Jagdgründen nahe den Polen in wärmere Gewässer, um zu kalben.
Tierschutzorganisationen gehen davon aus, dass es weltweit noch etwa 100.000 bis 200.000 Nördliche Minkwale gibt. Die Bestände des Südlichen Minkwals umfassen demnach bis zu 760.000 Tiere.
Die Weltnaturschutzunion IUCN listet sie alle unter der Kategorie "Gefährdung anzunehmen". Im Washingtoner Artenschutzabkommen Cites stehen die Tiere in Anhang I, der höchsten Schutzstufe. Sie sind somit vom kommerziellen internationalen Handel ausgeschlossen. Bis auf die Population B. acutorostrata in Westgrönland. Sie ist in Anhang II gelistet. Das bedeutet, sie ist noch nicht vom Aussterben bedroht. Wird der Handel nicht streng reguliert, kann aber auch diese Population gefährdet sein.
Island stellte es noch geschickter an. Nicht nur gründete das Land ebenfalls Alibi-Wissenschaftsprogramme. Im Jahr 1992 schied Island zudem aus der IWC aus. Als es 2004 wieder beitrat, erkannte die Regierung das Walfangmoratorium explizit nicht an. Ein besonderes Recht für "Neumitglieder", wie es in den Regularien heißt.
Die IWC rügt Norwegen, mehr kann sie nicht tun
Norwegen wiederum hielt sich bis 1993 an das Verbot, dann beschloss die Regierung dem Moratorium nachträglich die Zustimmung zu verweigern. Die Jagd war wieder eröffnet – und zwar nach ganz eigenen Regeln. Die Fangquoten für Minkwale setzte das Land fortan selbst fest. Von 296 Tieren im Jahr 1993 stieg die Zahl auf einen Spitzenwert von 1.286 in 2015. Zuletzt begnügte man sich mit 880 der Meeressäuger.
Die Geschichte des Walfangs reicht in Norwegen zurück bis ins 9. Jahrhundert, dem Zeitalter der Wikinger. "Lobbyisten nennen die moderne Jagd daher eine kulturelle Tradition", heißt es in dem aktuellen Bericht Frozen in Time. Für die Artenschützer eine nicht haltbare Position. Schließlich gehöre Norwegen mittlerweile zu einem der am weitesten entwickelten Länder und sei laut Daten des International Monetary Fund das sechstreichste Land der Erde. "Da ist das Argument wenig überzeugend", schreiben die Autoren.
Norwegen bezeichnet seine Jagd offiziell denn auch als das, was sie ist: kommerziell. Dafür bekommt das Land jedes Jahr aufs Neue eine offizielle Rüge der IWC. Das ist nicht gut für das Image, lässt sich aber problemlos ignorieren. Denn Sanktionen kann die Kommission nicht verhängen.