Stromstreit an der deutsch-österreichischen Grenze

  29 Oktober 2016    Gelesen: 930
Stromstreit an der deutsch-österreichischen Grenze
Die Energiewende führt zu unerwarteten Konflikten: Deutschland will den Handel mit Strom nach Österreich begrenzen. Die Preise steigen.
Deutschland droht Österreich mit Einschränkungen im Stromhandel. Die Bundesnetzagentur wies die vier Übertragungsnetzbetreiber am Freitag an, ein Engpass-Management vorzubereiten. Von Mitte 2018 an soll dies dann greifen können. Doch werde nur ein geringer Teil des Handels davon betroffen sein. Es gehe um 10 Prozent des Handelsvolumens, das wegen fehlender Netze nicht abgewickelt werden könnte.

Hintergrund ist ein jahrelanger Streit mit Österreich um den Stromhandel, in dem auch die Europäische Union vermittelt hatte, aber erfolglos. Nachdem Österreich die Vereinbarung zur Verbesserung der Lage nicht unterzeichnet habe, sehe man sich nun gezwungen, weitere Schritte vorzubereiten, hieß es von deutscher Seite. Wirtschaftsstaatssekretär Rainer Baake bekräftigte allerdings das Interesse Berlins an einer gütlichen Einigung.


Die deutsche Energiewende führt zu einem Streit im Stromhandel mit Österreich
Grund für den Streit ist die deutsche Energiewende. Sie führt zu einer zeitweiligen Überproduktion von Strom, der dann günstig über die Börse verkauft wird. Allerdings sind die Netzbetreiber dann oft nicht in der Lage, den billig verkauften Strom auch tatsächlich zu liefern, weil Netzengpässe wie an der deutsch-österreichischen Grenze das unmöglich machen. Weil sie aber liefern müssen, werden dann teure Kraftwerke angeworfen, um den schon verkauften Strom zu erzeugen. Diese zusätzlichen Kosten - das „Redispatch“ - zahlen die deutschen Stromkunden.

Österreich konnte zuweilen zweifach profitieren: Von billigen Stromimporten und von den Erlösen jener Kraftwerke, die zum Ersatz der ausgefallenen Lieferungen angefahren werden. Das neue Netzmanagement soll solche Zusatzkosten unnötig und die Rechnung für die deutschen Kunden erträglicher machen. In Berlin wird überdies darauf hingewiesen, dass die Neuerung, so sie in Kraft treten würde, nur den „Normalzustand“ herstellen würde, wie er an anderen Landesgrenzen herrsche. Dort werde nur so viel Strom gehandelt, wie es die Transportkapazitäten zuließen.

Die österreichische Seite kritisierte die Bundesnetzagentur. Dabei handele es sich um eine „einseitige Aufkündigung der Strompreiszone“, teilte die Energie-Regulierungsbehörde E-Control in Wien mit. Die Vorgehensweise sei „weder erforderlich noch gerechtfertigt“, sagte E-Control-Vorstand Andreas Eigenbauer. Die einzige Möglichkeit, um die Transportengpässe für Elektrizität zu beseitigen, sei der langfristige Netzausbau.

Wird nun geklagt?

Für die Schwierigkeiten sei nicht Österreich verantwortlich. Das tatsächliche Problem sei ein innerdeutscher Netzengpass, der sich durch eine künstliche Verschiebung an die deutsch-österreichische Grenze nicht lösen lasse. Zwar habe sich die europäische Regulierungsbehörde ACER für die Preistrennung ausgesprochen. Diese Empfehlung sei aber unverbindlich und ohne Rechtswirkung.

Den gemeinsamen Strommarkt der beiden Länder bezeichnete Eigenbauer als Musterbeispiel für die Zusammenführung europäischer Energieabsatzgebiete. E-Control kündigte gegen die Entscheidung rechtliche Schritte an. Zu prüfen sei ein wettbewerbsrechtliches Vorgehen. Zugleich bleibe man gesprächsbereit und zuversichtlich, doch noch in Verhandlungen zu einer Lösung zu kommen. Nach Berechnungen des Branchenverbands Oesterreichs Energie würde das Aus der gemeinsamen Preiszone den Strom in Österreich um 15 bis 30 Prozent verteuern.


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