Als 156. Zeuge bestätigte der CDU-Politiker, was nahezu alle anderen Zeugen in den bisherigen 50 Sitzungen ähnlich formuliert haben: "Die Ereignisse waren nicht vorhersehbar. Derartige sexuelle Übergriffe gab es in der Vergangenheit in Deutschland in dieser Form nicht."
Der Innenminister wurde zur Rolle der Bundespolizei befragt, die für das Bahnhofsgelände zuständig ist. Zahlreiche Zeugenaussagen der vergangenen Monate hatten ein Zuständigkeitswirrwarr und Kommunikationspannen zwischen Landes- und Bundespolizei, städtischen Behörden und Bahn-Verantwortlichen offenbart.
Aus den ersten drei Meldungen, die am Neujahrstag von der Polizei in Nordrhein-Westfalen kamen, habe das Bundesinnenministerium nicht annähernd die Brisanz der Ereignisse herauslesen können, die schließlich von nationaler Bedeutung gewesen seien, kritisierte de Maizière.
"Beamte haben ihr ihr Bestes versucht"
In Übereinstimmung mit dem zuvor vernommenen Bundespolizeichef Dieter Romann wies de Maizière darauf hin, dass mit 67 Bundespolizisten weit mehr Beamte für die Kölner Silvesternacht abgestellt worden waren als in den Vorjahren. "Im Nachhinein ist nicht zu bestreiten, dass der Kräfteeinsatz nicht ausreichend war", sagte der Minister. "Die Dimension war aber nicht vorhersehbar."
In seiner Erklärung vor dem Düsseldorfer Untersuchungsausschuss äußerte sich de Maizière auch zu einem Interview, in dem er am 5. Januar den Polizeieinsatz in Köln kritisiert hatte. Damals hatte er gesagte, es könne nicht sein, dass solche Ereignisse stattfänden "und man wartet auf Anzeigen. So kann Polizei nicht arbeiten."
Dazu sagte de Maizière nun, ihm sei bewusst, dass die eingesetzten Beamten "unter größter körperlicher und psychischer Belastung gehandelt haben und dass sie ihr Bestes versucht haben, eine Massenpanik zu verhindern und Frauen vor weiteren sexuellen Übergriffen zu schützen".
Bei seiner Aussage sei es ihm darum gegangen, "dass eine solche Situation in unserem Rechtsstaat nicht noch einmal eintreten darf". Die massenhaften Übergriffe auf Frauen in der Kölner Silvesternacht verlangten nach seiner Überzeugung nach einer harten Antwort des Rechtsstaates.
Politisches Statement vor dem Ausschuss
Bislang liegen zu Straftaten in der Kölner Silvesternacht rund 1200 Anzeigen vor, davon etwa 500 wegen Sexualdelikten. Laut einer Zwischenbilanz des Amtsgerichts Köln sei bislang in 19 Verfahren gegen 22 Angeklagte verhandelt worden, berichtete de Maizière. "Elf Verfahren laufen noch." Tatverdächtig sind vor allem Männer aus dem nordafrikanisch-arabischen Raum.
Vor dem Hintergrund sei es unverständlich, dass der Bundesrat bislang nicht zugestimmt habe, Algerien, Marokko und Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären, sagte de Maizière. So könnten mutmaßliche Täter ihre Asylverfahren weitertreiben, um ihren Aufenthalt zu verlängern. "Sie müssen strafrechtlich verfolgt werden und - wenn immer möglich - Deutschland verlassen", sagte der Innenminister.
Die Ereignisse dürften aber nicht dazu führen, "dass nunmehr Flüchtlinge gleich welcher Herkunft, die bei uns Schutz vor Verfolgung suchen, unter einen Generalverdacht gestellt werden", fügte er hinzu.
Im Untersuchungsausschuss war de Maizière der letzte prominente Zeuge bevor die Beweisaufnahme im Dezember abgeschlossen wird. Der Bericht soll im April präsentiert werden.
Quelle : spiegel.de
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