Wenn Einmarsch, dann Krieg: Ankara und Bagdad nähern sich ihrer „roten Linie“

  03 November 2016    Gelesen: 1467
Wenn Einmarsch, dann Krieg: Ankara und Bagdad nähern sich ihrer „roten Linie“
Der internationale Einsatz zur Befreiung des irakischen Mossuls könnte möglicherweise noch eine Konfrontation zwischen Ankara und Bagdad auslösen, wie die Zeitung „Nesawissimaja Gaseta" am Donnerstag schreibt.
Von dieser Gefahr zeugen die jüngsten Erklärungen der Vertreter beider Länder. „Eine Invasion (der Türkei) in den Irak wird dazu führen, dass die Türkei zerschlagen wird“, wird der irakische Ministerpräsident Haydar al-Abadi

Vom TV-Sender Al Jazeera zitiert. Al-Abadi reagierte damit auf die jüngste Annäherung türkischer Panzer an die nördlichen Gebiete seines Landes. „Wir wollen keinen Krieg gegen die Türkei“, so der irakische Premier, „aber falls eine Konfrontation beginnt, sind wir darauf eingestellt. In diesem Fall werden wir die Türkei für einen Feind halten.“

Ankara rechtfertigt sein Vorgehen wiederum mit Sorgen um die eigene Sicherheit und verlangt von den Teilnehmern des Mossul-Einsatzes, die ethnischen bzw. konfessionellen Besonderheiten dieser Stadt zu berücksichtigen. „Eine Lageentwicklung, die die demografische Zusammensetzung in Mossul verändern könnte, wäre die ‚rote Linie‘ für die Türkei“, zitierte die Zeitung „Daily Sabah“ den türkischen Verteidigungsminister Fikri Isik. „Wir besprechen diese Fragen mit dem Irak und der Koalition. Gleichzeitig ergreift die Türkei selbstverständlich die nötigen Maßnahmen.“

Gleichzeitig verwies der Isik auf wichtige Prozesse in der Region: „Einerseits kämpft die Türkei gegen den Terrorismus, andererseits aber gibt es auch einige wichtige Veränderungen auf der anderen Seite unserer Grenze. Die Türkei ist auf verschiedene Varianten der Entwicklung der Situation gefasst.“ Niemand sollte „erwarten, dass die Türkei bei Instabilität ein Auge zudrücken wird. Wir werden die regionale Sicherheit der Türkei nicht vernachlässigen, genauso wie das Recht unseres Volkes auf historische Verbindungen.“

Vor einigen Tagen hatte der türkische Generalstabschef Hulusi Akar auf Einladung seines russischen Amtskollegen Valeri Gerassimow Moskau besucht. Im Mittelpunkt dieser Verhandlungen stand die Situation in Syrien und im Irak. Am Mittwoch dann reiste Isik gemeinsam mit dem Befehlshaber des türkischen Heeres, General Salih Zeki, in die Grenzstadt Silopi, wohin jüngst eine zusätzliche Infanteriebrigade samt Panzertechnik verlegt worden war. Die Stadt liegt ganz in der Nähe des irakischen Tal-Afar, wo unter anderem viele ethnische Turkmenen leben, die von Ankara verteidigt werden. In der vorigen Woche hatten die schiitischen Formationen eine Offensive in Richtung Tal-Afars angekündigt und dadurch für Empörung bei den Türken gesorgt.

Darüber hinaus macht man sich in Ankara Sorgen um die Sunniten in Mossul. „Die Gefahr besteht darin, dass in Mossul hauptsächlich Sunniten leben“, erläuterte Togrul Ismail von der TOBB-Universität in Ankara. „Die Menschen fürchten, dass die irakischen Schiiten und die vom Iran gesponserten schiitischen Gruppierungen Massaker verüben könnten.“

Ankara und Bagdad pflegten zwar weiterhin Kontakte, diese aber ließen sich kaum noch als freundschaftlich bezeichnen, fuhr der Experte fort. „In Bagdad ist die Führung schiitisch. Weder im Irak noch in Syrien ist die sunnitische Bevölkerung in Machtstrukturen vertreten. Sie wird unterdrückt und deshalb entstehen solche Strukturen wie der IS. Die Türkei unterstützt den sunnitischen Teil der Bevölkerung“, so Ismail. Falls Ankara diese konfessionellen Kontroversen übersehen sollte, könnte das negative Folgen auch für die innenpolitische Situation in der Türkei selbst haben. Und dessen sei man sich in Ankara durchaus bewusst.

Quelle:sputniknews

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