Deutschland: SPD legt sich bei Pkw-Maut quer

  07 November 2016    Gelesen: 758
Deutschland: SPD legt sich bei Pkw-Maut quer
Die am Freitag vom CSU-Verkehrsminister angekündigte Einigung über die Pkw-Maut sorgt nicht nur in Österreich für Kritik. Auch in der Berliner Koalition gibt es Streit.
EU-Kommissar Günther Oettinger hat dem deutschen Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) Beratung durch Brüsseler Fachbeamte zur Pkw-Maut angeboten, um das neue Modell gegen mögliche Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu wappnen. Solche Klagen durch andere EU-Staaten – allen voran Österreich – seien nicht auszuschließen, sagte Oettinger der „Rheinischen Post“.

„Deswegen stehen die Fachbeamten der Brüsseler EU-Kommission bereit, um Herrn Dobrindt bei der konkreten Ausgestaltung des Gesetzes zu beraten“, sagte der EU-Kommissar. Mit der Beratung der EU-Kommission dürfte die Rechtssicherheit dann sehr hoch sein, sagte der Deutsche.

Oettinger begrüßte grundsätzlich das neue Maut-Modell, auf das sich die deutsche Regierung und die EU-Kommission einigen könnten. „Wenn auch noch eine Umweltkomponente hinzu kommt, ist die deutsche Pkw-Maut zukunftsweisend“, sagte er. Dobrindt rechnet mit einer Einigung über die Pkw-Maut in Deutschland mit der EU-Kommission noch in diesem Monat.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker habe in den vergangenen Wochen selbst starkes Engagement bei den Verhandlungen gezeigt, sagte Dobrindt. Nun gehe es nur noch um Details. Seien die letzten Fragen mit der EU-Kommission geklärt, müsse die technische Umsetzung wie die europaweite Ausschreibung der Maut angegangen werden. Es werde keine Mehrbelastung für inländische Autofahrer geben, versprach der Minister.

Leichtfried spricht von „Kuhhandel“

Österreich und auch die Niederlande sehen die geplante, von der CSU forcierte Maut kritisch. Nach den bisherigen Plänen sollen Autofahrer auf Bundesstraßen und Autobahnen maximal 130 Euro pro Jahr zahlen. Kontrolliert wird dies durch einen elektronischen Abgleich von Autokennzeichen – es gibt also keine klassische Klebevignette. Inländer sollen im Gegenzug bei der Kfz-Steuer entlastet werden – und zwar auf den Cent genau in Höhe der Maut. Der Vorwurf aus Brüssel lautete bisher, das Maut-Modell benachteilige EU-Ausländer. „Es liegt der Eindruck nahe, dass sich die EU-Kommission auf einen Kuhhandel einlässt, um einem Konflikt mit Deutschland aus dem Weg zu gehen“, sagte Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ). Gegner könnten versuchen, sie mit einer Klage vor dem EuGH zu stoppen.

Die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft warnte unterdessen vor zusätzlicher Bürokratie durch die geplante Pkw-Maut. Betroffen seien gleich mehrere Verwaltungen, sagte der Gewerkschaftschef Dieter Dewes der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Das ist ein bürokratisches Monster.“ Die Pläne Dobrindts seien unausgegoren. „Es ist ein Politikum, das man durchsetzen will, punktgenau zum CSU-Parteitag – aber ohne Mehrwert.“ Unter dem Strich werde die Maut keine zusätzlichen Einnahmen bringen.

Der deutsche Finanzminister, Wolfgang Schäuble (CDU), hatte bereits gemahnt, dass eine Pkw-Maut unter dem Strich dem Staat mehr Geld einbringen müsse. Zu den konkreten finanziellen Folgen für Budget und Autofahrer beim überarbeiteten Maut-Konzept von Dobrindt hatte sich Schäuble noch nicht einlassen wollen.

SPD sieht Pkw-Maut sehr kritisch

Die SPD steht dem verkündeten Verhandlungsdurchbruch bei der Pkw-Maut skeptisch gegenüber. „Die angebliche Einigung kam schon überraschend“, sagte die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin, Hannelore Kraft (SPD), dem „Tagesspiegel“. „Wenn Herr Dobrindt mit der EU-Kommission klarkommt, aber die Vorgaben des Koalitionsvertrags nicht eingehalten werden, haben wir ein Problem“, warnte Kraft. „Es darf keine Mehrbelastung der deutschen Autofahrer geben.“ Auch die SPD-Verkehrsexpertin Kirsten Lühmann bezeichnete es als verfrüht, von einer Einigung mit der EU-Kommission zu sprechen. Sie warnte, dass die EU-Kommission eine Quadratur des Kreises fordere.

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