Analyse: USA stufen saudischen Prediger Muhaysini in Syrien als Terroristen ein

  13 November 2016    Gelesen: 702
Analyse: USA stufen saudischen Prediger Muhaysini in Syrien als Terroristen ein
Das Treasury Department der USA hat am Donnerstag erklärt, dass Doktor Abdullah Muhammed bin Suleyman el-Muhaysini und drei andere Dschihadisten auf die US-Regierungsliste für internationale Terroristen gestellt wurden. Alle vier werden beschuldigt, der ehemaligen al-Nusra-Front, eine al-Qaida-nahe Organisation in Syrien, zu dienen. Damit gehen die USA einer zentralen Forderung Russlands nach, al-Nusra-Führer gezielt zu verfolgen.
Die US-amerikanische Finanzabteilung bestätigte in ihrem Report, dass sich die al-Nusra-Front inzwischen in Dschabhat Fatah el-Scham (JFS) umnannte. Der Name sei jedoch nur ein neuer „Alias“, geändert am Verhalten der Organisation habe sich nichts.



El-Muhaysini, der aus Saudi-Arabien kommt, beteuert stets, dass er ein unabhängiger Scharia-Gelehrter mit keinen offiziellen Zugehörigkeiten sei. Der Analyst Thomas Joscelyn vom Long War Journal glaubt, das könne nicht stimmen. Er vermutet, dass der Saudi ein hochrangiger al-Qaida-Scharia-Vertreter sein könnte. Er unterhält zahlreiche Verbindungen zum internationalen al-Qaida-Netzwerk, auch wenn eine persönliche Mitgliedschaft nicht zweifelsfrei bewiesen werden kann.

Die US-Finanzabteilung beschreibt el-Muhaysini als Schlüsselfigur bei Dschabhat Fatah el-Scham. Sie gibt an:

„Seit dem späten Jahr 2015 ist el-Muhaysini ein akzeptiertes Mitglied des inneren Führungszirkels der al-Nusra-Front.“ Er agierte als Nusras „religiöser Berater“ und „repräsentierte“ die Gruppe in einem „Operationsraum in der syrischen Provinz Idlib“.

Joscelyn erwähnt, dass der saudische Prediger ein wichtiger Ideologe der Ahrar al-Scham-geführten Rebellenallianz Dschaisch el-Fatah (zu Deutsch: „Eroberungsarmee“) seit 2015 war, als die Rebellen die Region Idlib einnahmen. El-Muhaysini gilt auch als wichtiger Rekrutierer für die Organisationen des Idlib-Raumes. Er soll dabei helfen, einen dschihadistischen Staat in Nordsyrien zu eröffnen, berichtete die Finanzabteilung. Sie schreibt:

„Im April 2016 startete el-Muhaysini eine Kampagne zur Rekrutierung von 3.000 Kämpfern in Nordsyrien.“

Die Einschreibungen kamen allen aufständischen Gruppen zu Gute, aber die US-Regierung betont, die Anstrengungen dienten vor allem der al-Nusra-Front. Die Rebellen der Provinz Idlib unterstützte er ebenso finanziell. Die Provinz gilt zwar als Nusra-Hochburg, aber auch als eine Heimstätte der großen Rebellenorganisationen Ahrar al-Scham und Freie Syrische Armee. Er „setzte Institutionen zur finanziellen Unterstützung terroristischer Gruppen auf, darunter eine hoch erfolgreiche Kampagne, demnach er fünf Millionen US-Dollar zur Bewaffnung von Kämpfern realisierte“.

El-Muhaysini war ein Schüler von Suleyman el-Alwan, einen dschihadistischen Kleriker, der verantwortlich für die Indoktrination von einigen hochrangigen al-Qaida-Führern war. Die sogenannte US-amerikanische 9/11-Kommission kam zu dem Schluss, dass el-Alwan einen Attentäter der Angriffe auf das World Trade Center in New York instruierte. Wiederholt verteidigt el-Muhaysini den moderateren der insgesamt zwei einflussreichen al-Qaida-Emire, Ayman el-Zawahiri. Anfang 2014 versuchte el-Muhaysini noch, zwischen dem „Islamischen Staat“ , die al-Nusra-Front und Ahrar al-Scham zu vermitteln. Eine Aussöhnung wurde nicht erreicht, obwohl Nusra und Ahrar dafür bereit waren, behauptet Joscelyn. In diesem Zusammenhang geht aus einem der beliebten el-Muhaysini Twitter-Accounts hervor, dass er sich wiederholt für Gespräche mit dem hochrangigen IS-Führer Abu Ali el-Anbari traf.

Neben der al-Nusra-Front unterhält el-Muhaysini auch wohlwollende Beziehungen zu anderen al-Qaida-nahen Gruppen wie die Türkistan Islam Partisi, eine Türkisch-sprachige zentralasiatische Organisation.

Im Video anbei hält el-Muhaysini beispielsweise eine Ansprache vor zentralasiatischen Türken:



Im Gespräch mit Eurasia News kommentierte der Syrien-Experte Ömer Özkizilcik, der einen besonderen Fokus für Rebellenbewegungen hat, über el-Muhaysini:

„El-Muhaysini ist eine unabhängige Persönlichkeit in Syrien, die oft eine vermittelnde Rolle zwischen den diversen Rebellenbrigaden einnimmt und sich für die Zusammenarbeit dieser stark macht. Er ist der oberste religiöse Berater von Dschaisch el-Fatah.“

Özkizilcik erkennt aber auch an, dass er „für die al-Nusra-Kämpfer in Syrien ein wichtiger Gegenspieler zum radikaleren der zwei einflussreichsten al-Qaida-Führer, Abu Muhammed el-Maqdisi, ist. El-Maqdisi ist für seine radikalen IS-ähnlichen Ansichten in der Szene bekannt. Die syrische al-Qaida-Organisation erhob el-Muhaysini zum Gegenpol. Er spielt in diesen Kreisen eine moderatisierende Rolle im Rahmen der al-Nusra-Ideologie.“

Mit Blick auf die Anerkennung von moderaten Rebellen wie die Freie Syrische Armee sagte der Syrien-Analyst:

„Eine der wichtigsten islamischen Aussprüche von ihm war, dass er im Gegensatz zur al-Nusra-Front das Hissen der Flagge der Revolution für islamisch legitim ansieht. Ein FSA-Kämpfer ist nicht schlechter als ein Dschihadist der al-Nusra.“

„El-Muhaysini war ein zentraler Akteur bei der Überredung al-Nusras, sich vom al-Qaida-Netzwerk loszueisen“, schloss Özkizilcik und warnte:

„Seine Einstufung als Terrorist wird al-Nusra von ihrem Kurs in Richtung des eher moderaten Mainstreams wieder abbringen und sie radikalisieren. Zudem könnte seine Rolle künftig im Bündnis Dschaisch el-Fatah hinterfragt werden. Organisationen wie Ahrar al-Scham, Feylaq el-Scham, Adschnad el-Scham und Nurreddin Zengi werden sich nicht gerne mit einem als Terroristen eingestuften Gelehrten umgeben. Seine Stellung als Berater könnte verloren gehen.“

USA listen weitere drei Persönlichkeiten als Terroristen

Neben el-Muhaysini wurden Dschamal Husein Zayniyah, Abdul Dschaschari und Aschraf Ahmed Fari el-Allak in die Terrorliste aufgenommen. Zayniyah soll vergangenes Jahr der Nusra-Emir für el-Kalamun, Syrien und Libanon gewesen sein. Er überblickte Gefangennahmen und Verhandlungen zur Freigabe von Geiseln. Die USA glauben, er wäre „verantwortlich“ für die Entführung einer Gruppe „christliche Nonnen in Maalula in der Damaskus-Provinz“. Auch stehe er hinter der Gefangennahme von 16 libanesischen Soldaten.

Abdul Dschaschari ist ein al-Nusra-„Militärberater, der dabei half, Gelder für Familien von Kämpfern zu akquirieren“, so die US-Regierung. Der Anführer von al-Nusra, Abu Muhammed el-Dschulani, „ernannte Dschaschari zum Führer der Nusra-Militäroperationen“ im Sommer 2014. Er führte die Organisation auch ein Jahr später bei „Militäroperationen in Nordsyrien“ an.

Aschraf Ahmed Fari el-Allak gilt als al-Nusra-„Militärkommandeur“ in Südsyrien, vor allem in der Provinz Deraa. Er diente auch als „Emir von Saraya und Deraa-Stadt“. In diese Funktion war er verantwortlich für die „Mobilisierung von Kämpfern und Waffen“.

Die Einstufung lässt sich zeitlich mit der Entscheidung des scheidenden US-Präsidenten Barack Obama zusammenführen, Schlüsselfiguren von Nusra künftig gezielt mit Luftschlägen auszuschalten. Bislang nahmen die USA mehrheitlich nur Dschihadisten ins Visier mit langjähriger al-Qaida-Vergangenheit. Laut einem Bericht der Washington Post „hat Präsident Obama das Pentagon beordert, Führer von [al-Nusra] zu finden und zu töten, weil die Sorge besteht, dass die Gruppe Teile Syriens als eine neue Basis für Operationen in Europa nutzen könnte“.

Quelle:eurasianews

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