Rechnungshof kritisiert Autobahn-Privatisierung

  16 November 2016    Gelesen: 673
Rechnungshof kritisiert Autobahn-Privatisierung
Der Bundesrechnungshof hält wenig von der Reform der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern. Noch deutlicher fällt allerdings eine Kritik an der angedachten Privatisierung der Autobahnen und Bundesstraßen aus.
Der Bundesrechnungshof beurteilt die Pläne von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für eine privatrechtliche Fernstraßengesellschaft skeptisch. "Eines steht jetzt schon fest: Privates Kapital darf nur dann eingebunden werden, wenn es für den Bund wirtschaftlich ist und den Steuerzahler nicht belastet", sagte Rechnungshof-Präsident Kay Scheller am Dienstag in Berlin. Und ob unter diesen Voraussetzungen Renditeerwartungen der Privatwirtschaft immer erreicht werden könnten, dürfe bezweifelt werden.

Schäuble hatte den Ländern im Gegenzug für die zusätzlichen Milliarden im künftigen Finanzausgleich die grundsätzliche Zustimmung zu einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft abgerungen. Ab dem Jahr 2020 soll die Verantwortung für den Betrieb und die Finanzierung von Bundesautobahnen allein beim Bund liegen und in einer privatrechtlichen Gesellschaft organisiert sein. Details sind noch offen. Schäuble will privaten Geldgebern wie Versicherungen eine Minderheitsbeteiligung an der neuen Gesellschaft ermöglichen und hat damit teils heftige Kritik auch aus der Koalition ausgelöst.

Der Staat könne sich gegenwärtig fast für null Zinsen Geld zum Bauen leihen. Warum solle er dann zulasten des Haushalts und Steuerzahler teurer werden müssen, sagte Scheller mit Blick auf die geplante Gesellschaft. "Das ist doch gar nicht einzusehen." Aktuell seien die Renditeerwartungen an den Kapitalmärkten in Null-Zinszeiten sehr bescheiden: "Das kann sich aber übermorgen schon wieder ändern." Scheller kündigte Vorschläge sowie Finanzierungsvarianten, mögliche Organisationsmodelle und Rechtsformen der Gesellschaft an.

Scheller warnte aber auch vor wachsenden Risiken für die Staatskassen. "Der Druck auf die `Schwarze Null` steigt". Die "anstrengungslose Verbesserung" der Bundesfinanzen dank fallender Zinslasten und sprudelnder Steuerquellen dürfte auf Dauer nicht ausreichen, um den Herausforderungen der nächsten Jahre gewachsen zu sein. "Um das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts ohne neue Schulden in den kommenden Jahren zu halten, bedarf es bedeutender Anstrengungen in der Haushaltspolitik", sagte Scheller.

Scharf kritisierte der oberste Rechnungsprüfer erneut die Bund-Länder-Vereinbarungen zur Neuordnung der Finanzbeziehungen. Die jährlichen Entlastungen von Ländern und Kommunen durch den Bund summierten sich inzwischen auf 71 Milliarden Euro.

Künftig würden Verflechtungen kaum abgebaut. Stattdessen kämen neue Mischfinanzierungen hinzu. Die Abschaffung des bisherigen Länderfinanzausgleichs gehe voll zu Lasten des Bundes. Dauerhafte Finanztransfers an die Länder verfestigten sich. Für die Länder gingen wichtige Anreize verloren, wirtschaftlich zu handeln und den Haushalt aus eigener Kraft zu konsolidieren. Zusätzliche Belastungen resultierten aus der Flüchtlingszuwanderung, sagte Scheller.

Im Einzelnen kritisieren die Rechnungsprüfer:

Der Bund erlaube den Geschäftsleitungen privater Firmen, an denen er mit insgesamt 29 Milliarden Euro beteiligt sei, erfolgsabhängige Vergütungen, also Boni, - selbst dann, wenn sie nicht erfolgreich arbeiteten.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) setze in einigen ihrer Regionaldirektionen mehr Mitglieder in der Geschäftsführung ein als gesetzlich vorgesehen, bemängelt der Rechnungshof. Vermeidbare Kosten: 600.000 Euro im Jahr.

Das Bundesinnenministerium hat dem Bericht zufolge 2011 hochwertige IT-Geräte für 27 Millionen Euro gekauft - die das Ministerium aber kaum nutzte, sondern unentgeltlich an andere Behörden weitergab. Auch die hatten jedoch keinen Bedarf für die schrankgroßen Router. Ende 2013 fanden die Rechnungsprüfer die meisten Geräte originalverpackt vor. Demnächst sollen viele von ihnen aussortiert werden. Auch zwei Rechenzentren seien für fünf Jahre für 26 Millionen Euro gemietet worden, stünden jedoch weitgehend leer, kritisiert der Rechnungshof.

Truppen-Ärzte dürfen in Bundeswehrkrankenhäusern auch Privatpatienten auf eigene Rechnung behandeln, sie müssen die Kosten für genutzte Geräte aber erstatten. Der Zusatzverdienst darf zudem 40 Prozent des Jahresgehalts nicht überschreiten. Den Rechnungsprüfern zufolge war der Verdienst mancher Bundeswehrärzte mit Privatpatienten aber doppelt so hoch wie ihr eigentliches Jahresgehalt.

Das Bundesverkehrsministerium wisse nicht, welche Brücken durch Schwertransporte besonders belastet würden, so der Rechnungshof. Anders als vereinbart fordert die Behörde die Informationen demnach nicht von den Ländern an. Das Ministerium könne daher nicht gezielt die überlasteten Brücken sanieren.

Quelle : spiegel.de

Tags:


Newsticker