Ex-US-Oberst Rich Outzen: “Türkisch-islamische Synthese hat die Türken zusammengeschweißt”

  24 November 2016    Gelesen: 496
Ex-US-Oberst Rich Outzen: “Türkisch-islamische Synthese hat die Türken zusammengeschweißt”
Der ehemalige Oberst der U.S. Army Rich Outzen, hat sich in einem Beitrag mit der politischen Entwicklung der Türkei unter Präsident Recep Tayyip Erdogan befasst.
Der ehemalige Oberst der U.S. Army und Senior Military Fellow am Institut für Nationale Strategische Studien (INSS) an der Nationalen Verteidigungsuniversität (NDU), Rich Outzen, hat sich in einem umfangreichen Beitrag für das Portal „War On The Rocks“ mit der politischen Entwicklung der Türkei unter Präsident Recep Tayyip Erdogan befasst.

Dabei hat er die wohlfeil gewordene Kritik an Erdogan und dessen politischem Kurs, wie sie innerhalb der politischen Eliten auch der USA zunehmend Platz greift, als verkürzt und nicht selten von Halbwissen geprägt dargestellt. Er wirft Erdogans Kritikern vor, dessen Islamismus (den er eher für instrumentell denn für charakterimmanent hält) überzubewerten und die Rolle innenpolitischer und außenpolitischer Faktoren zu unterschätzen, die jeweils eine destabilisierende Wirkung entfaltet hatten, die sowohl die innenpolitische Situation der Türkei als auch den regionalen Kontext über die Jahre verändert hätten.

Tatsächlich habe sich die Türkei unter Erdogan zuvorderst dem Zynismus und der Kraftmeierei angepasst, die sich schon im 20. Jahrhundert als Regelfall auch unter den Verbündeten und Feinden des Landes in der Region als Normalität gezeigt hätten und die immer noch eine bedeutsame Rolle spiele.

Gemessen an der Dynamik der Entwicklungen hätten Erdoğan und sein innerer Kreis, aus dem heraus nicht zuletzt der frühere Außenminister und heutige Premierminister Ahmet Davutoglu genannt sein solle, eine sehr anpassungsfähige und pragmatische Politik betrieben. Auch der Wandel vom muslimischen Demokraten zum religiösen Nationalisten, der sich zunehmend seit 2013 vollzogen habe und ihn zunehmend mit dem nationalistischen Lager zu versöhnen scheint, sei nicht zuletzt auch der politischen Großwetterlage in der Region geschuldet.

Gegenüber Syrien habe Erdogan bereits 2002 ein neues Kapitel aufgeschlagen und nach Jahrzehnten des wechselseitigen Argwohns zwischen Ankara und Damaskus ein enges, fast freundschaftliches Verhältnis zum syrischen Präsidenten Bashar al-Assad entwickelt. Dieses endete erst mit der Niederschlagung von Demonstrationen im Jahre 2011, die den Beginn des späteren Bürgerkrieges markiert hatten.

Zwischen 2003 und 2011 baute man ein kooperatives Verhältnis zur Kurdischen Regionalregierung (KRG) im Nordirak auf, Ankara bemühte sich um ein intaktes Einvernehmen mit der schiitisch dominierten Zentralregierung in Bagdad und leitete 2012 sogar gegen massive politische Widerstände einen Friedensprozess mit der PKK ein, der allerdings mittlerweile in Trümmern liegt.

Im Grunde haben sich demnach also sowohl Erdogan um eine weitsichtige Politik des Ausgleichs bemüht, die den Westen nicht zurückwies, aber gleichzeitig auch die Verbindungen in den Osten und in die islamische Welt nicht abreißen ließ, sondern wiederbelebte.

Eine Veränderung in der Ausrichtung der türkischen Politik hätten jedoch die Ereignisse des Jahres 2013 und 2014 herbeigeführt. Dazu zählte die für die Türkei enttäuschende Entscheidung der USA, nach dem zweifelhaften Giftgasangriff von Ghouta einen raschen 180°-Schwenk zu vollziehen und die geplante Militäroperation zum Sturz Assads doch nicht durchzuführen. Nachdem die USA in der Anfangsphase des syrischen Bürgerkrieges sogar eine stillschweigende Vereinbarung gepflegt hatten, die Rebellen zu bewaffnen, ließ diese Form von Rückzieher vonseiten Washingtons Vertrauen zerbrechen.

(nex/eurasia)

Tags:


Newsticker