Ein „gottgleicher“ Baseball-Star

  06 Dezember 2016    Gelesen: 805
Ein „gottgleicher“ Baseball-Star
Trump, Pokemon, Baseball: Wenn Wettbewerbe um Wörter des Jahres Auskunft über die Befindlichkeit einer Nation geben, dann kann es Japan nicht so schlecht gehen.
Das Wort des Jahres 2016, das von der Jury eines Verlagshauses ausgewählt wurde, prangert nicht sozialpolitische oder andere Missstände an, sondern feiert den Erfolg eines Baseballspielers. Mit dem Ausdruck „kamitteru“ (gottgleich) wurde in Japan die Spielkunst des Baseballspielers Seiya Suzuki von der Mannschaft Hiroshima Toyo Carp beschrieben.

Die „Karpfen“ aus Hiroshima gewannen zum ersten Mal seit 25 Jahren den Titel einer Baseball-Liga. „Kamitteru“ wird schon seit Jahren von Jugendlichen verwendet. Der Trainer der „Karpfen“ will es von seinen Kindern gelernt haben.

Im vergangenen Jahr war das Wort des Jahres „bakugai“ (explosiver Kaufrausch). So nennen die Japaner das Verhalten der chinesischen Touristen, die in Tokio und anderen japanischen Städten die Kaufhäuser stürmen.

Weitere Wörter geben Aufschluss über Japans Zustand
In diesem Jahr kamen einige weitere Wörter und Sätze in die engere Auswahl. Sie geben einen Überblick, mit was und wem sich die Japaner 2016 beschäftigt haben. Die „negativen Zinssätze“ wurden von der Bank von Japan im Januar eingeführt und erschweren es den Japanern, sparend für ihr Alter vorzusorgen. Die Zentralbank kam unter scharfe öffentliche Kritik und hat den Negativzinssatz von 0,1 Prozent seither nicht weiter gesenkt. „PPAP“ ist die Abkürzung für einen Popsong und ein kurzes Musikvideo, mit dem der japanische Komiker Pikotaro global Aufsehen im Internet erregte.

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„Ich bekam keinen Tageskrippenplatz für mein Kind. Japan stirb!“, schrieb eine anonyme Mutter im Internet. Aus Sicht vieler entlarvte sie damit die Regierungsparole einer dynamischen Gesellschaft, in der sich jeder engagieren kann, als Farce. Die drastische Kritik schaffte es bis in die Parlamentsdebatten und führte zu Versprechungen aller Parteien, mehr Geld für Kindertagesplätze zur Verfügung zu stellen.

„Heilige Pilgerschaft“ und eine „Schicht sauberer Erde“
Die „heilige Pilgerschaft“ meint nicht traditionelle spirituelle Wanderwege, sondern die Neigung der Japaner, Stätten und Orte zu besuchen, an denen beliebte Mangas, Fernsehserien oder Filme spielen. Viele Orte in Japan versuchen, diesen Trend touristisch auszuschlachten. Böse Zungen behaupten, dass die Tourismusmanager den Trend erst geschaffen haben.

Eine „Schicht sauberer Erde“ sollte unter dem neu gebauten Fischmarkt in Tokio aufgeschüttet werden, um Gefahren durch mögliche Reste vergifteten Bodens auszuschließen. Dann stellte sich heraus, dass die Großmarkthallen, fast 600 Milliarden Yen (fünf Milliarden Euro) teuer, über Hohlräumen und eben nicht auf sauberer Erde errichtet worden waren. Die neue Gouverneurin Koike verschob also den Umzug des traditionsreichen Tsukiji-Fischmarkts nach Toyosu auf unbestimmte Zeit.

Auch Trump und Pokemon sind mit von der Partie
Als „Trump-Phänomen“ beschreiben die Japaner den Wahlkampf und den überraschenden Wahlsieg des nächsten amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Dabei rätselt das Land, was Trump für das japanisch-amerikanische Verteidigungsbündnis und die traditionell enge Zusammenarbeit bedeutet.

„Schmierige Affären“ sind die vielen Seitensprünge bekannter Persönlichkeiten, die ein Wochenmagazin in diesem Jahr aufdeckte. „Pokemon Go“ ist der Name des Computerspiels für Handys, das im Sommer Aufsehen erregte und in Japan besonders beliebt ist. Im August kam es zum ersten Todesfall in Japan durch das Computerspiel. Ein Autofahrer, der durch das Spiel abgelenkt wurde, tötete eine Seniorin und verletzte einen alten Mann schwer. Auf Bitten der japanischen Polizei kann das Spiel nun nicht mehr in fahrenden Autos oder Zügen gespielt werden.

„Amore“ (Liebe) hat der japanische Fußballspieler Yuto Nagatomo (Inter Mailand) gefunden, der sich öffentlich zur beliebten Schauspielerin Airi Taira bekannte.


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