In der November-Ausgabe des IS-Propagandamagazins "Rumiyah" lieferten die Dschihadisten des "Islamischen Staats" detaillierte Tipps zu einem Anschlag mit einem Lastwagen. Der Truck sollte möglichst schwer und hoch sein und schnell beschleunigen können, um Bordsteinkanten und Absperrungen zu überwinden. Als ideale Ziele nannte der IS Fußgängerzonen und öffentliche Feiern. Ausdrücklich wiesen die Terroristen auch auf die Möglichkeit hin, einen Lkw zu entführen - genau das hat der Attentäter von Berlin offenbar getan.
Nicht erst seit dem Anschlag von Nizza, bei dem ein Anhänger des IS mit einem Lastwagen während der Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag am 14. Juli in eine Menschenmenge raste, gehören Attentate mit Fahrzeugen zur Taktik der Dschihadisten.
Die Propagandisten islamistischer Terrorgruppen rufen ihre Sympathisanten schon seit Jahren zu Anschlägen auf die "Kreuzritter" mit Lastwagen, Autos oder auch Bulldozern auf. Im Jahre 2010 gab die Organisation "Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel" in ihrem englischen Propagandamagazin "Inspire" sogar eine Anleitung für Attentate mit Pickup-Trucks. Die Fahrzeuge sollten vorne im unteren Bereich mit scharfen Klingen oder dicken Blechen aus Stahl versehen sein. Weiter heißt es dort zynisch über die so modifizierten Gefährte: "Die Idee ist es, einen Pick-up zu verwenden - aber nicht, um Gras zu mähen, sondern die Feinde Allahs."
Grausame Logik der Dschihadisten
Im September 2014 forderte IS-Sprecher Abu Mohammed al-Adnani zu ähnlichen Anschlägen auf. Wenn es nicht möglich sei, Sprengstoff oder Kugeln zu finden, gebe es andere effektive Möglichkeiten. "Zerschmettert seinen Kopf mit einem Stein, schlachtet ihn mit einem Messer, überfahrt ihn mit einem Auto, werft ihn von einem hohen Platz nach unten, erstickt oder vergiftet ihn."
In späteren Ansprachen wiederholte Adnani diese Forderung. IS-Sympathisanten sollten nicht länger versuchen, sich der Terrormiliz in Syrien oder im Irak anzuschließen, sondern stattdessen Zivilisten im Westen angreifen. Diese Art der Anschläge sind in der grausamen Logik der Dschihadisten äußerst lukrativ: Sie kosten fast nichts, sind in der Vorbereitung nicht besonders aufwendig, die Täter müssen keinen Sprengstoff besorgen oder herstellen. Mit geringem Einsatz können die Terroristen also maximalen Schaden anrichten.
Weihnachtsmärkte sind für islamistische Terroristen noch aus einem anderen Grund ein ideales Ziel: Es sind Veranstaltungen anlässlich eines christlichen Festes. Damit sind in den Augen der Dschihadisten alle Opfer dort automatisch Ungläubige.
Bereits im Jahr 2000 hatten französische und algerische Qaida-Terroristen einen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Straßburg geplant, im November nahmen französische Behörden erneut Verdächtige fest, die einen Anschlag dort geplant haben sollen. Vor vier Wochen warnte das US-Außenministerium Amerikaner in Europa, dass der IS und al-Qaida Anschläge planten, "mit Fokus auf die anstehenden Feiertage und damit verbundene Veranstaltungen". US-Bürger in Europa sollten deshalb besonders vorsichtig sein.
Quelle : spiegel.de
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