Der tiefblaue Himmel und das sonnige Winterwetter täuschen über die Umweltprobleme hinweg. Nur aus der Ferne lässt sich die bräunliche Smogschicht über der Stadt erkennen. Die Grenzwerte an mehreren Messstellen waren so stark gestiegen, dass die Stadtverwaltung so beherzt eingriff wie nie zuvor. Ausnahmen galten nur für Taxis, Busse, Fahrgemeinschaften, Einsatz- und emissionsfreie Fahrzeuge. Hätte das Wetter angedauert, hätten an diesem Freitag nur Autos mit geraden Zahlen auf den Nummernschildern ins Zentrum Madrids fahren dürfen. Aber eine leichte Luftverbesserung hatte zur Folge, dass am Freitag nur noch Geschwindigkeitsbeschränkungen und Parkverbote in der Stadtmitte in Kraft bleiben. Von Donnerstagabend an durften alle Autos wieder auf die Straßen.
Laut einer Studie der Europäischen Umweltagentur (EEA) waren in Spanien im Jahr 2013 fast 30.000 vorzeitige Todesfälle auf schlechte Luftqualität zurückzuführen. Andere spanische Großstädte wie Barcelona und Valencia prüfen ähnliche Maßnahmen, konnten sich aber noch nicht dazu durchringen. In Madrid besteht die Möglichkeit von Fahrverboten seit 2015, aber erst unter der linken Bürgermeisterin Manuela Carmena machte die Stadtverwaltung jetzt Ernst. Die konservative Volkspartei (PP) von Ministerpräsident Manuel Rajoy kritisierte den jüngsten Schritt als „ideologisch“ motiviert. Andere bemängelten, dass man am Donnerstag weiterhin für öffentliche Verkehrsmittel zahlen musste. In Paris fahren sie an solchen Tagen unentgeltlich. Dafür fallen die Strafen in Madrid etwas milder aus – mit 90 Euro statt bis zu 500 Euro in der französischen Hauptstadt. Dort überdenkt man ähnliche Fahrverbote mittlerweile. So sollen etwa nur noch besonders umweltschädliche Fahrzeuge an solchen Tagen stehen bleiben.
Über den Verkehr in der Innenstadt diskutieren die Madrilenen seit Monaten. Sie klagen aus gutem Grund über schlechte Luft und Lärm. Viele wollen aber nicht auf ihr Auto verzichten. Die im September veranstalteten „autofreien“ Tage während der Europäischen Woche der Mobilität führten nicht dazu, dass mehr Menschen Bus oder Fahrrad fuhren. Stattdessen kam es zu einem Chaos, weil einige Straßen für den Verkehr gesperrt waren. Das war zunächst zu Beginn der Adventszeit wieder der Fall. Bürgermeisterin Carmena lässt die Gran Via, die breite Prachtstraße, die durch die Stadtmitte führt, bis auf zwei Spuren für Busse und Taxis bis nach dem Dreikönigstag immer wieder sperren. So sollen Bürger und Besucher die abendliche Weihnachtsbeleuchtung besser genießen können. Sie fiel in diesem Jahr üppiger aus, weil sich das Land langsam wieder von der Wirtschaftskrise erholt. Mittlerweile würden viele Flaneure die Einkaufsstraße am liebsten auch nach den Feiertagen für sich behalten – auch darüber beraten die Kommunalpolitiker schon.
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