Schweden bittet um Entlastung
Ende September hatten sich die EU-Länder gegen den Widerstand von vier mittel- und osteuropäischen Staaten auf die Verteilung von insgesamt 160.000 Migranten innerhalb von zwei Jahren geeinigt. Dabei geht es um Flüchtlinge, die vor allem in Griechenland und Italien angekommen sind. Da Ungarn, das ebenfalls entlastet werden sollte, dies ablehnte, ist noch ein Kontingent von 54.000 Personen frei. Davon können andere überlastete Länder - wie Schweden oder etwa auch Deutschland - profitieren. "Ob wir das tun, ist eine andere Frage", hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière nach dem EU-Beschluss gesagt.
In der Praxis läuft die Umverteilung aber nur sehr schleppend an. Nach neuen Zahlen der EU-Kommission wurden bislang lediglich 136 von geplanten 160.000 Migranten umverteilt. Schweden übernahm davon 38 aus Italien.
Schweden nimmt am meisten Flüchtlinge auf
Schweden nimmt relativ gesehen von allen EU-Ländern die meisten Asylbewerber auf und hat zunehmend Schwierigkeiten bei der Integration. EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte jüngst bei seinem Besuch das Land gelobt: "Schweden sticht heraus in Europa. Dass bis zu 190.000 Asylbewerber in ein Land mit 10 Millionen Einwohner kommen können, ist ein Beweis für die Großzügigkeit und Solidarität, die in Schweden und seiner Bevölkerung vorherrschen." Tusk versprach, sich für eine Entlastung Schwedens einzusetzen. Der schwedische Migrationsminister Morgan Johansson hatte vor einigen Tagen erklärt, Schweden könne Flüchtlingen keine Unterkunft mehr garantieren. Neuankömmlinge müssten nach Dänemark oder Deutschland zurückkehren oder sich selbst eine Unterkunft suchen. "Wir haben die Grenze des Machbaren erreicht", sagte der Minister.
Währenddessen verschlechtert sich die Stimmung in Slowenien. Dort hat die Zahl der über die Balkanroute nach Slowenien eingereisten Flüchtlinge 150.000 überschritten. Nach Einschätzung der Tageszeitung "Vecer" werden Deutschland und Österreich bald keine Flüchtlinge mehr aufnehmen. "Dann wird die richtige Krise anfangen und damit auch der Kampf zur Rettung der EU." Bisherige Versuche, die Flüchtlinge umzuverteilen und Zäune zu errichten, seien ein "Fiasko" und ein "schlechter Witz" gewesen, schreibt die Zeitung. "Das Fiasko ist die Konsequenz einer kurzsichtigen Politik ... und der faulen Kompromisse, die in Nachtsitzungen der EU geschlossen wurden", heißt es weiter. Laut slowenischer Polizei beträgt die Anzahl der Flüchtlinge im Land aktuell 155.755. Slowenien wurde eine Station auf der Balkanroute, nachdem Ungarn im Oktober seine Grenze geschlossen hatte. Die meisten Flüchtlinge stammen aus den Kriegsgebieten im Nahen Osten. Rund 5400 Asylsuchende sind derzeit in slowenischen Erstaufnahmezentren untergebracht. Die meisten warten auf eine Weiterreise nach Österreich beim Grenzort Sentilj.
"Das ist eine organisierte Invasion"
Auch der tschechische Präsident Milos Zeman hat seinem Missmut gegenüber Flüchtlingen Luft gemacht. In einem Interview sagte er: "Ich denke, dass das eine organisierte Invasion ist." Seiner Darstellung nach sind 90 Prozent der Migranten auf der Balkanroute "junge, gesunde Männer und keineswegs elend aussehende Flüchtlinge". Er forderte, Migranten unter Einsatz von Polizei und Armee direkt an der Grenze abzuweisen. Sie dürften gar nicht erst ins Land gelassen werden. "Flüchtlinge sind streng genommen Verbrecher, weil sie sowohl die tschechischen Gesetze als auch die Grenzen verletzen", so der 71-jährige Präsident.
Das Staatsoberhaupt hat in Tschechien überwiegend repräsentative Aufgaben. Unterdessen ergab eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts STEM, dass 67 Prozent der befragten Tschechen Angst wegen Flüchtlingen und Asylsuchenden haben. Noch größer war der Umfrage zufolge die Zahl derer, die Ängste vor dem Islam äußerten. Ihr Anteil lag bei 83 Prozent.