Erdogans Krieg gegen die PKK stärkt den IS

  21 September 2015    Gelesen: 647
Erdogans Krieg gegen die PKK stärkt den IS
Das derzeitige Vorgehen des türkischen Regierung gegen die Terrororganisation PKK ist kontraproduktiv. Nach Ansicht des Islamwissenschaftlers Guido Steinberg werde die PKK vor allem deshalb bekämpft, weil sie in Syrien große Geländegewinne erzielen konnte. Doch durch das militärische Eingreifen wird gleichzeitig der Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) geschwächt.
Der promovierte Islamwissenschaftler Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik betrachtet das aktuelle Vorgehen der Türkei gegen die PKK als „zynisches Kalkül“. Immerhin arbeite der Bündnispartner USA gleichzeitig mit der Tochterorganisation der Terrororganisation in Syrien im Kampf gegen den IS zusammen. Nach Einschätzung des Wissenschaftlers sei die Drohung der Türkei, die PKK vollständig ausradieren zu wollen, ernst zu nehmen.

Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk erklärt der der einstige Terrorismusreferent im deutschen Bundeskanzleramt die Folgen des türkischen Vorgehens gegen die PKK: „Das schwächt den Kampf gegen den IS enorm. Es wäre tatsächlich ungeheuer wichtig für den Kampf gegen den IS, aber auch für eine vielleicht etwas geordnetere Syrien-Politik der Amerikaner und auch der Europäer, dass die Türkei den Friedensprozess mit der PKK wieder aufnimmt. Es ist ja mittlerweile ein oft kommentierter Widerspruch in der Politik der Region, dass die Amerikaner Luftangriffe führen, während am Boden, koordiniert mit diesen Luftangriffen, der syrische Ableger der PKK gegen ISIS vorgeht, und dann ist es eigentlich nicht möglich, dass der Verbündete der USA, die Türkei, deren Mutterorganisation wiederum sehr, sehr brutal bekämpft.“

Nach den verheerenden PKK-Anschlägen in der Provinz Hakkari am Wochenende erklärte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan am Sonntag, der Kampf in der Region werde mit noch größerer Entschlossenheit weitergeführt. Und auch Ministerpräsident Ahmet Davutoglu versprach, er wolle die Region „von Terroristen säubern“ (mehr hier).

Nach Einschätzung des Nahost-Experten sei zu befürchten, dass Erdoğan und die türkische Regierung diese Ankündigung tatsächlich ernst meinten. „Sie haben in den letzten Jahren immer wieder klar gemacht, dass sie die PKK als die sehr viel größere terroristische Bedrohung ansehen als den IS, und jetzt lassen sie dem Taten folgen. Und wir müssen da eigentlich noch sehr, sehr viel stärker entgegenwirken, die Amerikaner und die Europäer, weil es in unserem Interesse ist, dass es zu diesem Ausgleich zwischen der PKK und der Türkei kommt. Der ist natürlich jetzt in weite Ferne gerückt. Ohne aber, dass diese Spannungen etwas abnehmen, ist es auch vollkommen unmöglich, tatsächlich eine effektivere Politik in Syrien, im Nachbarland Syrien zu führen“, so der Wissenschaftler, der Teile seines Studiums in Damaskus absolviert hat.

Die Einstellung der Türkei, die PKK als schlimmeren Feind als den IS zu betrachten, hält er für „absurd“. „Ich denke ganz einfach, dass die Türkei die Entscheidung gefällt hat, dass dieser Friedensprozess nicht mehr in ihrem Interesse war, und ich glaube, dass der Anlass nicht so sehr die Innenpolitik war, wie das häufig gesagt wird, sondern vor allem, da der syrische Ableger der PKK mit amerikanischer Hilfe so große Geländegewinne im benachbarten Syrien erreicht hat. Das wollte die Türkei stoppen und deswegen hat sie einfach aus ganz zynischem Kalkül gesagt, wir beenden jetzt diesen Friedensprozess, der ist uns doch nicht so wichtig, wie wir immer wieder gesagt haben.“

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