Innenministerin will nichts gewusst haben

  03 Februar 2017    Gelesen: 664
Innenministerin will nichts gewusst haben
Vor dem Regierungssitz in Rumäniens Hauptstadt Bukarest ist es am Mittwochabend bei einer Demonstration gegen eine zwielichtige Verordnung, die Korruption großteils straffrei stellt, zu gewaltsamen Zusammenstößen gekommen. Die Regierung steht im Verdacht, den Provokateuren bewusst freien Lauf gelassen zu haben - wenn sie sie nicht überhaupt selbst losgeschickt hat.
Vier Polizisten und zwei Demonstranten wurden leicht verletzt, 20 Randalierer wurden festgenommen. Die Polizei beschlagnahmte mehrere Molotowcocktails und Messer der Krawallmacher. Rumäniens Inlandsgeheimdienst SRI betonte allerdings noch in der Nacht, dass er Absichten, die Proteste durch Störer zu diskreditieren, vorher gekannt und die zuständigen Behörden informiert habe. Diese hätten allerdings nichts unternommen.

Regierung war über Provokateure informiert

In Rumänien gibt es seit Tagen friedliche Demonstrationen gegen die Regierung. Am Mittwoch zählten die Medien landesweit Demonstrationen in 56 Orten und schätzten die Zahl der Teilnehmer auf 300.000. Die Menschen protestieren gegen den Erlass, der Korruption unter einer Schadenssumme von 200.000 Lei (44.000 Euro) straffrei stellt. Das würde einen Prozess gegen den Chef der mitregierenden Sozialdemokraten (PSD), Liviu Dragnea, beenden.

Am Mittwochabend begannen plötzlich mehrere Dutzend Hooligans inmitten Zehntausender friedlicher Demonstranten, die Polizisten vor dem Regierungspalast in Bukarest mit Feuerwerkskörpern, Fackeln, Steinen und anderen Gegenständen zu bewerfen. Die Polizei antwortete mit Tränengas, woraufhin die meisten friedlichen Demonstranten den Platz verließen. Fest steht, dass die Regierung von den bevorstehenden Provokationen wusste.

Geheimdienst widerspricht Innenministerin

Noch vor Ausbruch der Gewalt hatte ein Polizeisprecher eindringlich öffentlich vor Störern gewarnt. Der SRI sagte nachher, es habe im Vorfeld zu möglichen Krawallen einen „operativen Informationsaustausch“ mit dem Innenministerium, der Polizei und weiteren Behörden gegeben. Er widersprach damit Innenministerin Carmen Dan, die vorher gesagt hatte, dass sie derartige Informationen nicht erhalten habe.

Die Regierung gerät wegen der Verordnung zunehmend unter Druck. Die Idee zu der Eilverordnung war ihr just zu dem Zeitpunkt gekommen, als die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung von Dragnea wegen Amtsmissbrauchs mit einem Schaden von 100.000 Lei deutlich gestiegen war. Die ursprünglich geplante Variante der Eilverordnung wäre sogar noch großzüger zu korrupten Amtsträgern gewesen. So hätte etwa nur der, der Bestechungsgeld zahlt, selbst das Delikt anzeigen dürfen.

Ball liegt bei Verfassungsgericht

Die Regierungspläne stießen auch auf Kritik der EU-Kommission und von EU-Partnerländern. Ohnehin liegt die Causa inzwischen aber beim rumänischen Verfassungsgericht. Die Justizaufsichtsbehörde CSM klagte gegen die eigene Regierung - und musste dabei gar nicht auf inhaltliche Argumente zurückgreifen: Laut dem CSM enthält die Verordnung so viele Formfehler, dass allein diese in Summe einen Angriff auf den Rechtsstaat darstellen.

Am Donnerstag wollte auch Handelsminister Florin Jianu nicht mehr: Er erklärte seinen Rückzug aus dem Kabinett, weil sein Gewissen das erfordere, auch im Hinblick auf seinen kleinen Sohn: „Wie würde ich ihm je in die Augen schauen können und was würde ich ihm sonst sagen?“, so Jianu auf seiner Facebook-Seite. Er hoffe, dass die Regierung „den Anstand hat, ihren Fehler zu korrigieren“. Präsident Klaus Iohannis kündigte seinerseits am Donnerstag eine eigene Klage gegen die Regierung an.

Quelle:orf.at

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