Es war auch nicht zielführend, seit Jahren den Rücktritt des syrischen Präsidenten zu fordern. Assad verfügt zweifellos über Rückhalt in der Bevölkerung, etwa den Minderheiten der Alawiten und Christen. Für Millionen andere Syrer ist Assad hingegen ein Gewaltherrscher und Kriegsverbrecher. Beide Haltungen sind legitim und nachvollziehbar. Die Terrororganisation IS und andere Extremisten müssen hingegen unschädlich gemacht werden.
Eine gewaltsame Lösung des Bürgerkriegs durch einen Sieg der syrischen Führung oder die gemäßigte Opposition ist nicht möglich. Dies ist seit langem die Haltung Deutschlands. Zudem sind Erfahrungen mit gewaltsamen Regimewechseln nicht ermutigend.
Es gibt Hoffnungszeichen: Ende Oktober einigten sich 17 Länder, u.a. auch Deutschland, auf Eckpunkte zur Lösung der Tragödie: Syrien solle erstens nicht durch ein religiöses Regime geführt werden, zweitens solle die Armee nicht aufgelöst werden, drittens müsse der IS besiegt werden und viertens solle das syrische Volk seine Führung selbst bestimmen können. Das Treffen war nicht nur inhaltlich ein großer Fortschritt, sondern auch hinsichtlich des Teilnehmerkreises: Der Iran, ein zentraler Akteur, war erstmals dabei. Und Berlin, das in der Region weithin Vertrauen genießt, könnte und sollte eine wichtige Rolle spielen, ebenso wie etwa bei der Vernichtung des syrischen Giftgases.
Trotz der Einigung bleibt vieles offen. Vertreter der syrischen Führung und der Opposition haben sich in den letzten Wochen zwar mehrfach inoffiziell getroffen, sie saßen in Wien aber nicht mit am Tisch. Die Opposition ist zudem tief gespalten und besteht teils aus islamistischen Terrororganisationen. Gleichwohl sind die Chancen so gut wie nie, in den kommenden Monaten Syrien zu befrieden, den Terror wirksam zu bekämpfen und somit die wichtigste Fluchtursache zu beseitigen.
Russland hat an Einfluss im Nahen Osten gewonnen, aber nicht aufgrund eigener Stärke, sondern der Fehler Washingtons. Eine dauerhafte starke Stellung garantiert dies noch nicht.
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