«Und ganz Europa ist erleichtert»

  16 März 2017    Gelesen: 859
«Und ganz Europa ist erleichtert»
Rechtspopulist Wilders konnte bei den niederländischen Wahlen nicht die grossen Gewinne einfahren, die er angestrebt hatte. In Deutschland und Frankreich atmet man auf. Analysen aus Grossbritannien und den USA sind ernüchternd.
Das Szenario Trump hat sich bei den Parlamentswahlen in den Niederlanden nicht wiederholt. «Diesmal lagen die Vorhersagen nicht so falsch wie beim Brexit oder bei Donald Trump», schreibt die «Süddeutsche Online», und ganz Europa sei erleichtert.

Europäische Rechtspopulisten hingegen seien enttäuscht vom Ergebnis – die AfD in Deutschland und Marine Le Pen vom Front national, die sich Hoffnungen macht, Frankreichs nächste Präsidentin zu werden.

Doch nun brauche der Sieger und amtierende Regierungschef Mark Rutte Koalitionspartner, mindestens vier. Das werde keine leichte Aufgabe und es sei nicht auszuschliessen, dass am Ende doch jemand anderes als Rutte neuer Ministerpräsident werde, schreibt die «Süddeutsche Online» weiter. Die Regierungsbildung könnte Wochen oder Monate dauern.

Hilfe von Erdogan

«Sieg der Vernunft», titelt «Spiegel Online». Regierungschef Rutte habe besonders im niederländisch-türkischen Streit bei seinem Volk gepunktet. Er habe sich als Krisenmanager und Versöhner bewiesen. «Rutte zog rote Linien, als er zuerst dem türkischen Aussenminister die Landeerlaubnis verweigerte und danach die Familienministerin höflich, aber bestimmt aus seinem Land eskortieren liess.» Je mehr daraufhin der türkische Staatschef Erdogan die Niederlande beschimpfte, desto mehr stellte sich das niederländische Volk hinter den Ministerpräsidenten, so die Analyse von «Spiegel Online».

Die französische Zeitung «Le Figaro» schreibt: «Die radikalen Vorschläge von Wilders machen dem niederländischen Volk, das bis anhin für seine Enthaltsamkeit bekannt war, offensichtlich keine Angst mehr.»

Das Ergebnis sei eine grosse Erleichterung für die traditionellen Parteien Europas und lasse Fragen aufkommen zu den potenziellen Grenzen des Aufstiegs von Marine Le Pen.

Überhastete Vergleiche?

Doch nach den Einschätzungen mehrerer Medien geht es den Niederlanden gut, für das niederländische Volk gab es daher kaum Grund für einen totalen politischen Sinneswandel. Ob der Ausgang dieser Wahlen Grund zum Aufatmen für die kommenden Wahlen in Frankreich und Deutschland ist, bleibt offen.

So kommentiert etwa die «New York Times»: «Trotz alledem ist fraglich, ob die Niederlande, eines der sozial-liberalsten Länder Europas, ein verlässlicher Indikator für weitere wichtige Wahlen in diesem Jahr sind.»

Nach dem Brexit war auch in Grossbritannien das Interesse an den Wahlen gross. Allerdings kommentiert «The Guardian», dass die politische Situation in den Niederlanden von Beginn weg nicht vergleichbar gewesen sei mit dem Brexit oder Trump. Schliesslich drehte es sich bei diesen Entscheidungen jeweils um ein «Winner takes it all»-Prinzip. Somit seien die Wahlen in Frankreich viel eher zu vergleichen mit dem Brexit und der Wahl von Trump.

Ein Austritt der Niederlande aus der EU, ein Nexit, wäre selbst bei einem überragenden Ergebnis von Wilders unwahrscheinlich gewesen, da seiner Freiheitspartei jegliche Koalitionspartner gefehlt hätten. Und selbst ein Frexit sei politisch nur schwierig durchzusetzen, sollte Le Pen die angestrebten Erfolge einheimsen, schreibt der «Guardian».

Quelle:nzz

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