Warum die große Finanzkrise uns nicht aus Griechenland droht, sondern aus der Türkei

  17 März 2017    Gelesen: 377
Warum die große Finanzkrise uns nicht aus Griechenland droht, sondern aus der Türkei
In Europa geht die Angst um: Die Angst vor der Pleite. Nicht nur in Griechenland ist die wirtschaftliche Lage unverändert dramatisch. Auch Italien und Spanien sitzen auf gewaltigen Schuldenbergen.
In der Diskussion über neue Hilfsmaßnahmen für die Schuldenländer gerät eine andere Entwicklung in den Hintergrund. Auch sie hat das Potenzial, den Kontinent in die Krise zu stürzen.

Denn das nächste europäische Finanzbeben könnte von einem Nicht-EU-Land ausgehen: von der Türkei.

Die steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise – und viele der wichtigsten Gläubiger der Flaute-Nation sind europäische Banken.

Das belegten Zahlen der Bank für Internationalen Zahlungsverkehr (BIZ), auf die die "Welt“ nun hinweist. Demnach hat sich die Türkei von Banken weltweit etwa 255 Milliarden Euro geliehen.

Brisant ist jedoch nicht nur die Summe an sich, sondern auch die Verteilung der Abhängigkeiten. So müssen vor allem spanische und italienische Banken um ihr Geld zittern. Finanzhäuser, die sich gerade erst von einer schweren Krise erholen.

82 Milliarden Euro haben spanische Institute der Türkei geliehen, die italienischen Kredite belaufen sich auf 9 Milliarden Euro.

Kleine Verluste könnten zur großen Krise werden

Erst 2012 griff die EU spanischen Banken mit 40 Milliarden Euro unter die Arme, Italien bewilligte erst Anfang dieses Jahres die staatliche Rettung der Bank Monte dei Paschi. Die Europäische Zentralbank hatte eine Kapitallücke von 8,8 Milliarden Euro festgestellt.

Kleine Verluste, die durch eine Zahlungsunfähigkeit der Türkei entstehen könnten, könnten eine fatale Entwicklung in Gang zu setzen: Experten warnen längst vor einer Bankenkrise mit "hoher Ansteckungsgefahr“.

Bleiben Spanien und Italien auf ihren Milliardenkrediten sitzen, könnte ein neues Rettungsprogramm notwendig werden. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau, forderte bereits im vergangenen Sommer ein 150 Milliarden Euro schweres EU-Programm zur Bankenrettung.

Seine Sorge: Die europäischen Institute säßen auf notleidenden Krediten im Volumen von zwei Billionen Euro.

Türkei droht das wirtschaftliche Desaster

Die Lage ist besorgniserregend – und die Abwärtsspirale der Türkei scheint derzeit schwer aufzuhalten. FDP-Wirtschaftsexperte Frank Schäffler warnte kürzlich in der Huffington Post vor einem "wirtschaftlichen Desaster“.

Er machte auf ein weiteres großes Problem aufmerksam: Die Regierung sei überwiegend in US-Dollar verschuldet. Die US-Zentralbank hat gerade den Leitzins erhöht.

Schäffler führt aus: "Anlagen in den USA werden relativ zu Anlagen in anderen Ländern attraktiver. Die Folge: Anlagekapital fließt verstärkt in die USA.“

Der Wert der US-Währung steige so im Verhältnis zu anderen Staaten, die diesen Schritt nicht mitgehen. Das Ergebnis: „Wer Schulden in Dollar hat, muss daher als Regierung oder Unternehmen erheblich mehr zurückzahlen.“

Der Türkei droht genau das.

Türkei boomte Anfang der 2000er-Jahre

Der tiefe Fall folgt auf einen kurzzeitigen Höhenflug der Türkei.

Noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts galt die türkische Wirtschaft als Erfolgsstory. Das hatte demographische und politische Gründe: Die junge Bevölkerung galt als kauffreudig, der 2002 neu an die Macht gewählte damalige Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan öffnete das Land in Richtung Europa.

Europäische Banken kauften sich bei türkischen Banken ein – oder gründeten eigene Ableger. Auch aus der Weltfinanzkrise 2008 kam die Türkei stark zurück: "Zum Tief 2009 legte die Industrieproduktion um fast 50 Prozent zu“, sagte FDP-Wirtschaftsexperte Schäffler.

Doch von der Euphorie ist wenig übrig: Experten beobachten eine massive Kapitalflucht aus der Türkei. Seit 2013 ziehen Anleger ihr Geld aus der Türkei ab – wie auch aus anderen Schwellenländern.

Damals sorgten Korruptionsvorwürfe gegen die Regierung Erdogans für Besorgnis, heute sind es Terrorismus und die instabile politische Situation des Landes.

Brutale Kapitalflucht setzt dem Land zu

Sogar ein Kolumnist der eher regierungsfreundlichen türkischen Tageszeitung "Hürriyet“ schrieb jetzt, erfolgreiche Geschäftsleute würden in Scharen das Land verlassen. Darunter seien sogar viele Unternehmer, die eigentlich Pro-Erdogan eingestellt seien.

Höchste Zeit für die Regierung in Ankara zu reagieren. Doch statt strukturelle Reformen auf den Tisch zu legen, schießt Erdogan gegen das Ausland: Investoren außerhalb der Türkei nannte der türkische Präsident zuletzt "Wirtschaftsterroristen“.

Ihr Ziel sei es, die türkische Wirtschaft lahmzulegen. Viel bräuchten sie da nicht mehr tun.

Quelle:huffingtonpost

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