Jüdischer Junge verlässt Berliner Schule

  02 April 2017    Gelesen: 336
Jüdischer Junge verlässt Berliner Schule
Er wird beleidigt und attackiert - danach verlässt ein jüdischer Schüler eine Gesamtschule in Berlin Friedenau. Der Sprecher des Jüdischen Forums JFDA ist sich sicher: Antisemitismus ist wieder hoffähig, "die Hemmungen sind gefallen".

In einem offenen Brief hat sich die Leitung einer Berliner Gemeinschaftsschule entsetzt über antisemitische Vorfälle an ihrer Schule gezeigt. Ein 14-jähriger jüdischer Mitschüler hat die Gesamtschule Friedenau verlassen, nachdem ihn Mitschüler wegen seiner Religionszugehörigkeit mehrfach beleidigt und schließlich angegriffen haben sollen.

Die Schulleitung teilte auf ihrer Internetseite mit, dass sie gegen die mutmaßlichen Täter Strafanzeige erstattet habe. Außerdem wolle sie schulische Ordnungsmaßnahmen gegen die Jugendlichen einleiten. Laut "Tagesspiegel" haben an der Schule etwa 75 Prozent der Schüler eine andere Muttersprache als Deutsch, viele kommen aus türkischen oder arabischen Familien. Der 14-Jährige war erst seit vier Monaten an der Schule, er war in England geboren und hatte dort eine Weile gelebt.

Der jüdische Schüler soll bereits vor einigen Monaten von Mitschülern beleidigt worden sein, nachdem er von seiner Religionszugehörigkeit berichtet hatte, wie "The Jewish Chronicle" schrieb. "Du bist eigentlich ein cooler Typ, aber ich kann nicht mit dir befreundet sein", soll einer der Mitschüler gesagt haben, sowie: "Juden sind alle Mörder." Schulleiter Uwe Runkel bestätigte dem "Tagesspiegel" lediglich den ersten Teil der Aussage. Nach diesem Vorfall habe die Schule die Großeltern des Schülers, Zeitzeugen des Holocaust in die Klasse eingeladen, um dort das Thema aufzuarbeiten. Auch habe sie mit einer Initiative Kontakt aufgenommen, die sich mit Antisemitismus und Islamophobie beschäftigt.

Kein Einzelfall

Vor rund zwei Wochen hatten den Berichten zufolge dann zwei Mitschüler den 14-Jährigen an einer Bushaltestelle in den Schwitzkasten genommen und mit einer Spielzeugpistole, die wie eine echte Waffe aussah, Plastikteile auf ihn geschossen. Danach entschied sich die Mutter, ihren Sohn von der Schule zu nehmen. Die Schule erstattete Anzeige bei der Polizei, nun müssen offenbar beide Täter die Schule verlassen.

"Leider ist das kein Einzelfall, wir hören immer wieder von solchen Angriffen", sagte Levi Salomon, Sprecher und Koordinator des Vereins Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA), dem "Tagesspiegel". Auch wenn sie nicht täglich gemeldet würde, gebe es doch oft antisemitische Beleidigungen. Solange diese aber nicht strafrechtlich relevant seien, werde das nicht registriert. "Viele Betroffene scheuen sich, die Vorfälle an die große Glocke zu hängen."

Dabei ist Salomon überzeugt: "Wir bieten Beratung an und wissen deshalb, dass der Antisemitismus in Berlin nicht geringer geworden ist – im Gegenteil: er ist wieder hoffähig, die Hemmungen sind gefallen." Grund hierfür sei das Erstarken rechts- und linksextremistischer Ideologien und der politische Islam, der in Deutschland Fuß gefasst habe.

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