Im Eilverfahren: Orbán bringt Gesetz gegen "Soros-Uni" durchs Parlament

  05 April 2017    Gelesen: 834
Im Eilverfahren: Orbán bringt Gesetz gegen "Soros-Uni" durchs Parlament
Dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán ist die so genannte Soros-Uni ein Dorn im Auge. Nun hat das Parlament zügig ein Gesetz gegen die Central European University verabschiedet. Doch neue Demonstrationen für die Universität sind schon geplant.
Die US-amerikanisch geführte, private Zentraleuropäische Universität in Budapest ist infolge eines neuen Gesetzes von der Schließung bedroht. Mit den Stimmen der Regierungspartei Fidesz billigte das ungarische Parlament am Dienstag eine Novelle zum Hochschulunterrichtsgesetz. Das Gesetz beinhaltet neue Auflagen für internationale Universitäten, welche die Central European University (CEU) aber zum Teil nicht erfüllt.

Die Hochschuleinrichtung wurde 1991 vom US-Milliardär George Soros in Budapest gegründet. Sie sollte nach dem Ende des Kommunismus die Ideen einer offenen und liberalen Gesellschaft verbreiten. Sie bietet Master- und PhD-Lehrgänge an und strahlt weit in die Region aus. Zahlreiche jüngere Spitzenkräfte in Politik und Wirtschaft im osteuropäischen und ex-sowjetischen Raum sind Absolventen der CEU.

Das Gesetz wurde im Eilverfahren behandelt und nach nur dreistündiger Debatte zur Abstimmung vorgelegt. Es schreibt unter anderen vor, dass internationale Universitäten - ausgenommen solche aus EU-Ländern - auch in ihrem Mutterland eine Hochschuleinrichtung betreiben müssen. Die CEU ist die einzige Universität dieser Art in Ungarn, die diese Vorgabe nicht erfüllt. Ihr Konzept besteht gerade darin, den Lehrbetrieb in Mitteleuropa durchzuführen und Abschlüsse zu ermöglichen, die auch in den USA anerkannt sind. Im Sinne der neuen Bestimmungen dürfte es der CEU bereits mit Beginn nächsten Jahres verwehrt sein, neue Studenten aufzunehmen.

Die Regierung des rechts-konservativen Ministerpräsidenten Viktor Orbán begründete das Gesetz mit der Notwendigkeit, angebliche Gesetzesverstöße abzustellen, die von internationalen Universitäten in Ungarn begangen würden. "Die neuen Bestimmungen sichern Rechte zu - und keine Vorrechte", erklärte der zuständige Sozialminister Zoltan Balog in seinem Exposé.

Zugleich griff Balog den CEU-Gründer Soros scharf an. Dieser habe eine "Diffamierungskampagne im Weltmaßstab" gegen die Budapester Regierung gestartet. Die Menschenrechtsorganisationen, die Soros unterstützt, seien "Organisationen von schein-zivilen Agenten".

Die CEU bezeichnete das neue Gesetz in einer ersten Reaktion als Angriff auf die Freiheit von Lehre und Forschung. "Wir werden die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes anfechten", erklärte CEU-Rektor Michael Ignatieff. Zugleich forderte er die Regierung auf, in einen Dialog mit der Universität zu treten, um strittige Fragen zu klären.

Das Vorgehen der ungarischen Regierung gegen die CEU stieß auch international auf Kritik. In seiner Rede vor dem Europaparlament in Straßburg sagte der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier:

Europa [darf] nicht schweigen, wenn der Zivilgesellschaft, selbst der Wissenschaft – wie jetzt an der Central European University in Budapest – die Luft zum Atmen genommen werden soll.

Am Sonntag hatten in Budapest tausende Menschen gegen die drohende Schließung der CEU demonstriert. Mehr als 1.500 internationale Top-Wissenschaftler, unter ihnen 19 Nobel-Preisträger, unterzeichneten Petitionen, die den Erhalt der CEU forderten.

Die österreichische Hauptstadt Wien bot der bedrängten Budapester Hochschule unterdessen eine neue Heimstätte an. "Sollte die Universität einen anderen Standort suchen, würde ich die Soros-Uni gerne nach Wien einladen", sagte Vize-Bürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) am Dienstag der Tageszeitung Kurier.

Soros stellt schon seit geraumer Zeit ein rotes Tuch für die ungarische Regierung dar. Denn der US-Börsenmilliardär hat nicht nur Wohltätigkeit im Sinn, sondern verfolgt auch eine politische Agenda. Er steht für ein liberales bis neoliberales Gesellschaftsmodell und unterstützt mit seiner Open Society Stiftung zahlreiche Nicht-Regierungsorganisationen. Darüber hinaus war seine Organisation Open Society Institute auch bei den so genannten Farbrevolutionen wie zum Beispiel in der Ukraine aktiv.

Orbán vertritt demgegenüber, wie er selbst seit 2014 vielfach verkündete, das Konzept eines "illiberalen Staates", in dem nationale und kollektive Interessen Vorrang vor individuellen Freiheiten haben. 2017 hat Orbán zum Jahr erklärt, in dem er Soros und "die durch ihn symbolisierten Kräfte" aus Ungarn vertreiben werde.

Quelle:rt deutsch

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