Chinas Wachstum überrascht

  17 April 2017    Gelesen: 823
Chinas Wachstum überrascht
In China wächst die Wirtschaft kräftiger als erwartet. Doch damit werden die Herausforderungen für die Regierung nicht kleiner - im Gegenteil. Denn der Umbau der Volkswirtschaft ist für Peking eine gewaltige Aufgabe.
Die chinesische Wirtschaft ist zu Jahresbeginn überraschend kräftig gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte von Januar bis März binnen Jahresfrist um 6,9 Prozent zu, wie das Statistikamt mitteilte. Das ist ein Tick mehr als im Vorquartal und von Experten erwartet. Es war zudem das stärkste Plus seit dem dritten Quartal 2015.

Dabei profitierte die nach den USA zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt von staatlichen Investitionen in die Infrastruktur. Auch der Bauboom kurbelt die Wirtschaft an. Allerdings rechnen Experten mit einer Abkühlung des Wachstums im Jahresverlauf, weil Konjunkturhilfen auslaufen und die Behörden verstärkt gegen eine Überhitzung des Immobilienmarktes vorgehen. Auch die steigende Verschuldung könnte den Exportweltmeister belasten.

Die Konjunktur in China kühlt nach Jahren des Booms mit teils zweistelligen Zuwachsraten bereits seit geraumer Zeit ab. Für dieses Jahr erwartet die Regierung ein Wachstum von 6,5 Prozent, nachdem es 2016 mit 6,7 Prozent das kleinste Plus seit 26 Jahren gab.

Diese Abschwächung nimmt die Führung in Peking bewusst in Kauf, weil sie die Wirtschaft umbauen und nachhaltiger gestalten will. Die Abhängigkeit vom Export soll verringert, der Binnenkonsum gestärkt und der Kampf gegen die massive Umweltverschmutzung forciert werden. Zudem sollen Überkapazitäten in der Stahl- und Kohle-Industrie abgebaut und nicht rentable Unternehmen geschlossen werden.

Reformen brauchen Zeit

Chinas Wirtschaft habe den Schwung zum Jahresende mit ins erste Quartal nehmen können, sagte Max Zenglein vom China-Institut Merics in Berlin. "Es wäre allerdings trügerisch davon auszugehen, dass das Wachstum weiter anziehen wird", sagte Zenglein. "Der Abwärtsdruck auf die chinesische Wirtschaft bleibt bestehen." Die Regierung traue den Marktmechanismen nicht und interveniere, wenn es nicht nach Plan laufe. "Dadurch jongliert sie gleichzeitig mit einer zunehmenden Anzahl an Brandherden."

Vorerst zeigen die Konjunkturdaten aber nach oben. Das überraschend kräftige Wachstum im ersten Quartal dürfte zwar die Zuversicht für einen Erfolg der Reformen stärken und an den Finanzmärkten für etwas Beruhigung sorgen. Doch zugleich dürften Sorgen wachsen, dass der Regierung der Kurswechsel nicht so rasch gelingt. "Es sind aktuell gute Nachrichten. Aber es ist schwieriger vorherzusagen, wo China mit der Konjunkturabkühlung landen wird. Die Unsicherheiten bleiben hoch", sagte Analyst Hidenobu Tokuda vom japanischen Finanzhaus Mizuho.

Das heißt: Noch immer ist China auf massive Staatshilfen angewiesen. So stiegen die Investitionen der Öffentlichen Hand im ersten Quartal um 21 Prozent zum Vorjahr. Auch die rekordhohe Stahlproduktion im März zeigt, dass China weiterhin stark auf die sogenannte "alte Wirtschaft" als Wachstumsmotor angewiesen ist, auch wenn zugleich die Einzelhandelsumsätze stärker zulegten als erwartet und sich der Automarkt als robust erwies.

Auch die wachsende Verschuldung und die Furcht vor einer Überhitzung des Immobilienmarktes bereitet Ökonomen Sorgen. Der Staat versucht mit einer strengeren Kreditvergabe und Auflagen für den Wohnungskauf vorzubeugen. Dies könnte im Gegenzug aber das Wachstum bremsen.

Zudem ist der Handelsstreit mit den USA nicht beigelegt. Auch wenn die Spannungen mit US-Präsident Donald Trump im Streit über das hohe Handelsdefizit der USA mit China nach dem Treffen mit Staats- und Parteichef Xi Jinping in Florida zunächst zurückgegangen sind, kann die Bewährungsprobe noch ausstehen.

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