Die Opposition wirft dem türkischen Wahlausschuss (YSK) vor, am 16. April während des laufenden Volksreferendums entgegen der gesetzlichen Bestimmungen auch Wahlzettel für gültig erklärt zu haben, die nicht offiziell mit den Wahlsiegeln der Wahllokale abgestempelt worden sind.
Die YSK hatte die Entscheidung gefällt, nach dem Beschwerden von Wahlausschüssen der Landkreise und Provinzen eingingen, die darauf hindeuteten, dass etliche Wahllokale ihren Verpflichtungen nicht nachgingen, die Wahlzettel ordnungsgemäß abzustempeln. Die YSK begründete dies damit, dass der Wille der Wähler in ihrer Entscheidung dadurch nicht beeinträchtigt worden sei. Ferne dürften Fehler der Wahllokale nicht auf das Wahlvolk übertragen werden, sofern konkreter Wahlbetrug ausgeschlossen werde.
Kurz nach dem amtlich gewordenen knappen Ergebnis mit 51,4 Prozent für die Annahme der Verfassungsänderung hatte die Opposition, darunter die CHP und HDP die kurzfristige Entscheidung des YSK kritisiert und Beschwerdeanträge beim YSK eingereicht. Diese wurden jedoch von der YSK abgewiesen. Anfang der Woche hatte auch eine Beschwerde vor dem türkischen Staatsrat keinen Erfolg.
Die Sprecherin der Republikanischen Volkspartei (CHP), Selin Sayek Böke, teilte am Mittwoch mit, dass die Partei nun vor das Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gehen werde, um das Volksreferendum zu kippen.
Experten zweifeln jedoch, dass die Beschwerde vor dem EGMR Erfolge haben wird. Der türkische Verfassungsrechtler Kemal Gözler erklärte, dass die Anrufung vor dem nationalen Staatsrat wie auch dem EGMR kein Erfolg haben werde, da keine individuellen Rechte verletzt worden seien, die aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (1. Protokoll, §3) abgeleitet werden könnten. Auch der Staatsrat oder das Verfassungsgericht habe keine Entscheidungsbefugnis über die YSK und deren Entscheidungen, die aus der türkischen Verfassung (§79) ebenso hervorgehen würde.
Kurz nach der Ankündigung der CHP, den EGMR anzurufen, erklärte der türkische Justizminister Bozdag, dass die Bemühungen der Opposition nicht fruchten werden. Das Volksreferendum wie auch die Entscheidung des türkischen Wahlausschusses würden nicht die Normen der Europäischen Menschenrechtskonvention berühren, so Bekir Bozdag.
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