Selten werde konkret erörtert, „wie wir wieder näher zusammenkommen, welche Kooperationsmöglichkeiten wir erschließen können, auf welche Art wieder ein Stück mehr Partnerschaft möglich ist“, fährt Platzeck fort. „Mit den Potsdamer Begegnungen für die jüngere Generation beziehen wir diese in den Dialog zwischen Russland und Deutschland ein, um mit ihnen darüber zu diskutieren, wie wieder Bewegung in unser Miteinander kommen kann. Hier sind aktive, auch in den deutsch-russischen Beziehungen aktive junge Leute, die alle beruflich schon was leisten. Das ist schon eine andere Generation, die andere Sichten hat.“
Platzeck ist schon jetzt gespannt, welche Ideen die jungen Menschen bis zu den großen Potsdamer Begegnungen im Juni erarbeiten, „die wir dann dort mit Sigmar Gabriel und Sergej Lawrow diskutieren können.“ Der DRF-Vorsitzender erhofft sich viel von diesen Ansätzen.
Unlösbares vorübergehend beiseitelassen
Platzeck erinnerte auch einmal mehr an die Erfahrungen Egon Bahrs in den sechziger Jahren: Wie man aus schwierigen Situationen herauskommt, ohne dass man eigene Grundsätze aufgibt und trotzdem zu neuen Kooperationsmöglichkeiten findet. „Als damals die DDR völkerrechtlich nicht anerkannt war, hat man trotzdem Wege gefunden, mit diesem nicht anerkannten Subjekt Verhandlungen zu führen und Verträge abzuschließen, für die Menschen sichtbare Fortschritte – damals eine neue Ostpolitik – zu erreichen.“
Der SPD-Politiker betont, dass „man damals bestehende Probleme, die aus komplett unterschiedlichen Sichten resultierten, erstmal zur Seite gelegt habe und zum nächsten Schritt übergegangen sei. Man könnte sich nun also zum Beispiel vorstellen, „wir haben unterschiedliche Sichten, was die Krim angeht. Da könnte man sagen, wenn man von Egon Bahr lernt, stellen wir die Krim-Problematik zur Seite und machen auf den Karton zwei Inschriften drauf, zwei Banderolen. Die Russen schreiben darauf:,Geben wir nie wieder her‘, die Europäer:,Werden wir niemals anerkennen‘. Und stellen es weg, um zu der Frage zu kommen, wie kriegen wir trotzdem Kooperationsmöglichkeiten hin.“
Platzeck schlägt vor, die Ebene zu wechseln: „Wir müssen versuchen, Gespräche zwischen der Eurasischen Wirtschaftsunion und der Europäischen Union in Gang zu bringen. Es ist eine andere Abstraktionsebene, die uns übrigens, wenn wir sie erfolgreich miteinander bearbeiten, vielleicht auch mal, nach längerer Zeit, wieder zur ungelösten Krim-Problematik zurückführt und vielleicht Lösungen finden lässt, die wir heute noch gar nicht im Kopf haben.“ Die neue Ostpolitik habe ja zur deutschen Wiedervereinigung geführt, so Platzeck weiter. „Hat 1969 keiner gesehen, aber ’89 ist es passiert. Solche Ansätze diskutieren wir mit den jungen Menschen.“
Russland soll EU-Mitgliedschaft Deutschlands berücksichtigen
Da Deutschland in den europäischen Kontext eingebettet sei, müsse auch die russische Seite klarer sehen, dass es kein Gespräch und keine Verhandlung nur zwischen Moskau und Berlin geben könne. Das sei ein Erkenntnisprozess, der auch in Moskau noch wachsen müsse. In der EU sind 27 kleine und große Nachbarn, die in die politischen Entwürfe und Konzepte mit einbezogen werden müssen. „Denn eine gut funktionierende Europäische Union bringt auch für Russland in der Perspektive viele Vorteile mit sich, wenn es einen solchen stabilen Wirtschafts- und Verhandlungspartner hat.“
Wichtig findet Platzeck auch den Punkt, dass die Idee eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes von Lissabon bis Wladiwostok noch immer eine große Anziehungskraft hat. „Darum haben sich viele Gespräche beim Jugendforum in Moskau gerankt, sodass wir als Deutsch-Russisches Forum auch eine Arbeitsgruppe gegründet haben, die sich konkret damit beschäftigt, welche Bedingungen – juristisch, wirtschaftlich und gesellschaftspolitisch – müssten erfüllt werden, um einen solchen Raum Realität werden zu lassen. So hat die Runde versucht, praktikable Schritte zu entwickeln, wie man vorankommt, und nicht, wie kommt man weiter auseinander.“ Und das mache ihm Freude, resümierte der Politiker.
Quelle. sputniknews.com
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