Tränen gehören ja zu einem großen Abschied, und der von Philipp Lahm ist ein sehr großer Abschied. Doch es war nicht ganz sicher, ob er an seinem letzten Arbeitstag tatsächlich von Emotionen überwältigt werden würde. Denn in seiner sehr erfolgreichen Karriere hatte es Lahm fast immer verstanden, Gefühle ganz gut zu verbergen. Am Samstag gab es allerdings viele Momente, in denen er um Fassung rang. "Es war mein Leben, hier auf dem Platz zu stehen", gab Lahm zu. "Das geht einem schon nah." Nur in den knapp 90 Minuten auf dem Platz war nichts davon zu spüren, dass es für ihn kein gewöhnliches Spiel war. Beim 4:1-Sieg gegen den SC Freiburg spielte er bis zu seiner Auswechslung kurz vor Schluss so wie fast immer in seiner Profi-Karriere: Aufmerksam, engagiert und fast fehlerfrei.
Der erste Teil der großen Abschiedsparty fand bereits vor Anpfiff statt. Die Fans empfingen Lahm mit einem riesigen Plakat. "Vom Kind unserer Stadt zur Legende unseres Verein", stand darauf. Vom Verein gab es neben dem obligatorischen Blumenstrauß noch eine Golftasche samt Schläger. Um 17.21 Uhr verließ Lahm den Platz, kurz zuvor war bereits Xabi Alonso mit fast ebenso lautstarkem Beifall von der Fußball-Bühne abgetreten. Eine halbe Stunde später reckte Lahm zum letzten Mal die Meisterschale in die Höhe, nachdem ihn der Präsident der Deutschen Fußball Liga, Reinhard Rauball, der gleichzeitig Präsident vom Münchner Dauerrivalen Borussia Dortmund ist, lange und innig umarmt hatte.
Robben übernimmt Premieren-Dusche
Im Anschluss an die offizielle Meisterzeremonie war zunächst keine Gelegenheit mehr für Sentimentalitäten. In Dirndl gekleidete Damen reichten riesige Weißbiergläser, und die Münchner begannen mit ihrer bei Titelfeiern liebsten Beschäftigung: Sich gegenseitig den Gerstensaft über die Häupter schütten. Weil Trainer Carlo Ancelotti ahnte, was ihm blühen wird, hatte er ausnahmsweise im Trainingsanzug statt wie sonst im feinen Zwirn seinen Job an der Seitenlinie verrichtet. Arjen Robben übernahm dann die Premieren-Dusche des Italieners, der die als "sehr kalt" empfand. "Aber es hat sehr viel Spaß gemacht", sagt er und versprach später auf dem Balkon den Fans, "zusammen noch viele Titel" zu feiern.
Um die Abschiedsdusche für den Kapitän kümmerte sich Hermann Gerland, der Lahm einst als Regionalliga-Trainer gefördert hatte. Zwei Spieler, die sich bei dieser bayerischen Gepflogenheit in den vergangenen Jahren stets hervorgetan hatten, fehlten dieses Mal. Manuel Neuer humpelte gleich nach der Meisterzeremonie auf Krücken vom Platz, und Jérôme Boateng hatte sich zuvor im Spiel verletzt. Er befand sich zur Untersuchung im Krankenhaus. Lahm blieb wie auch Alonso noch lange auf dem Platz, auf dem sich die Kinder der Bayern-Profis tummelten und mit ihren Papas kickten. Robben versuchte sich dabei als Torhüter. Während für den Nachwuchs die Party danach schon zu Ende war, begann sie für die Münchner Profis erst so richtig. "Wir lassen es heute mal krachen", gab der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge als Losung aus.
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