Blatter pochte in Berlin auf Verdienstkreuz

  24 November 2015    Gelesen: 564
Blatter pochte in Berlin auf Verdienstkreuz
Die Vorwürfe gegen Joseph Blatter reißen nicht ab. Aus Akten des Bundeskanzleramtes soll hervorgehen, dass der derzeit suspendierte Fifa-Präsident die Bundesregierung dazu gedrängt habe, ihm das Bundesverdienstkreuz zu verleihen. Behalten darf er es trotzdem.
Der suspendierte Präsident des Fußball-Weltverbands (Fifa), Joseph Blatter, hat sein Bundesverdienstkreuz einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge unter fragwürdigen Umständen erhalten. Er bekam den Orden der Bundesrepublik Deutschland am Ende der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 verliehen. Laut der Informationen hat Blatter über die Fifa die Bundesregierung gedrängt, ihm den Orden zu verleihen. Das gehe aus Akten des Bundeskanzleramtes hervor. Nach den ordensrechtlichen Vorschriften des Bundespräsidialamtes kann jedoch niemand, der "seine eigene Auszeichnung anregt, mit einer Verleihung des Verdienstordens rechnen".

Anlass für Blatters Ordensbegehren war laut Aktenlage der Umstand, dass Anfang 2005 der damalige Präsident der europäischen Fußball-Union (Uefa), Lennart Johansson, mit dem Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik geehrt worden war. Johansson hatte sich für saubere Verhältnisse im Weltfußball eingesetzt. Er war der größte Gegenspieler von Blatter, dessen Amtszeit bereits damals von Korruptionsvorwürfen belastet war.

Zwecks der Vorbereitung zur WM 2006 besuchte Fifa-Generalsekretär Urs Linsi im Mai 2005 Berlin. Zu diesem Anlass notierte das Sportreferat des Kanzleramtes auf welche Themen man sich einstellen müsse. Einer der voraussichtlichen Gesprächspunkte war die "Verleihung eines Ordens an Herrn Blatter". Johansson habe einen hohen Orden bekommen, "Herr Blatter erwartet eine gleiche Auszeichnung der Bundesrepublik Deutschland", notierte das Kanzleramt und fügte an, aus diesem Grund erste Kontakte zum Bundesinnenministerium aufgenommen zu haben.

Keine "entehrende Straftat"

Als Linsi 2005 im Kanzleramt vorsprach, soll er tatsächlich auf Blatters Ordensbedürfnis zu sprechen gekommen sein. Das Kanzleramtes vermerkte indes über jenes Treffen: "Orden der Bundesrepublik Deutschland für den Fifa-Präsidenten: Hinweis von Herrn Linsi". Und weiter: Das Kanzleramt habe zugesagt, "dass eine entsprechende Initiative von der Bundesregierung ausgehen würde". Vier Monate später schlug dann der damalige Bundesinnenminister Otto Schily in einem Schreiben an Bundespräsident Horst Köhler vor, Fifa-Chef Blatter für dessen Verdienste um den Fußball das "Bundesverdienstkreuz einer gehobenen Stufe" zukommen zu lassen.

Dass Blatter das Bundesverdienstkreuz unbedingt haben wollte und über die Fifa vehement auf diesen Orden drängte, will das Bundespräsidialamt jedoch laut eigenen Angaben erst durch die jetzige Anfrage der "SZ" zu dem Thema erfahren haben. "Von einer möglichen Selbstanregung war dem Bundespräsidialamt bisher nichts bekannt", erklärte das Amt. Solch eine Selbstanregung verhindere aber "nicht in jedem Fall eine Verleihung" und stelle insbesondere keinen Grund dar, einen Orden nachträglich zu entziehen. Um jemandem eine Auszeichnung abzuerkennen, müsse in der Regel eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe vorliegen, insbesondere wegen einer "entehrenden Straftat". Das sei bei Blatter nicht der Fall.

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