Die Erbgut-Analyse deutet darauf hin, dass sich die Bevölkerung Ägyptens in den vergangenen 1500 Jahren stark verändert hat. Waren die Ägypter vorher über Jahrtausende eng mit den Bewohnern des Nahen Ostens verwandt, zeigt die heutige Bevölkerung starke Einflüsse aus Afrika südlich der Sahara.
Das berichtet ein internationales Team unter Leitung der Universität Tübingen und des Jenaer Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte im Fachblatt "Nature Communications".
Über die Zuverlässigkeit von DNA-Analysen ägyptischer Mumien streiten Wissenschaftler seit Jahren. Schon seit Mitte der 1980er Jahre untersuchen Forscher Erbgut von Mumien. Für großes Aufsehen sorgte vor einigen Jahren ein Vaterschaftstest für den Pharao Tutanchamun.
Demnach soll König Echnaton der Vater gewesen sein. Das Resultat wurde jedoch stark angezweifelt. "Wir sind da ebenfalls sehr skeptisch", sagt Wolfgang Haak vom Jenaer Max-Planck-Institut, Ko-Autor der neuen Studie.
"Die Erhaltung der DNA in ägyptischen Mumien muss mit Skepsis betrachtet werden", sagt auch Studienleiter Johannes Krause, Direktor am Max-Planck-Institut. "Das heiße ägyptische Klima, die hohe Luftfeuchtigkeit in vielen Gräbern und einige der Chemikalien, die für die Mumifizierung verwendet werden, tragen zur Zerstörung der DNA bei. Deshalb wurde die langfristige Erhaltung von DNA in ägyptischen Mumien für wenig wahrscheinlich gehalten."
Nun habe man erstmals zuverlässig das Genom von Mumien sequenziert, betonen die Forscher. Sie hatten Proben von 151 Mumien genommen, die in Deutschland aufbewahrt wurden. Die Überreste wurden Anfang des 20. Jahrhunderts bei Ausgrabungen in Abusir el-Meleq in Mittelägypten geborgen.
Die Menschen lebten in der Zeit von etwa 1400 vor Christus bis zum Jahr 400. Letztlich rekonstruierten die Forscher die sogenannte mitochondriale DNA (mtDNA) von 90 Individuen. Die gefundenen Erbgut-Sequenzen wurden mit DNA-Datenbanken abgeglichen.
Obwohl der untersuchte Zeitraum sowohl die Hochphase der Pharaonenzeit umfasst als auch die Eroberung durch Alexander den Großen und die römische Herrschaft, war die DNA der Menschen überraschend einheitlich. Ihr Erbgut ähnelte dem der damaligen Bevölkerung des Nahen Ostens.
Heutzutage seien die Ägypter enger mit Menschen aus dem südlicheren Afrika verwandt, berichtet das Team. Offenbar kamen in den vergangenen 1500 Jahren viele Menschen von südlich der Sahara vor allem entlang des Nils nach Ägypten.
Eine zentrale Rolle dürfte der trans-saharische Sklavenhandel gespielt haben, der im Mittelalter begann und im 19. Jahrhundert seinen Höhepunkt erreichte. Dabei wurden sechs bis sieben Millionen Sklaven nach Nordafrika gebracht.
Weil alle untersuchten Mumien von nur einem Fundort stammten, sei jedoch unklar, ob die Ergebnisse auf ganz Ägypten übertragbar seien, räumt das Team ein: "Wir brauchen eindeutig mehr genetische Untersuchungen von alten menschlichen Überresten aus Südägypten und Sudan, bevor eindeutige Schlussfolgerungen möglich sind."
Quelle : spiegel.de
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