Nord Stream 2 profitiert von Abgang der Niederlande – Experte

  02 Juni 2017    Gelesen: 710
Nord Stream 2 profitiert von Abgang der Niederlande – Experte
Mit dem Ausstieg der Niederlande aus dem Gas-Export gewinnt Russland mit seiner Pipeline Nord Stream 2 laut dem Vorsitzenden des EICCS Berlin e.V., Matthias Dornfeldt, außerhalb der EU und Norwegen als einer der wichtigsten Lieferanten von Öl und Gas an Bedeutung.
Die Niederlande beherbergen seit den 1959 entdeckten Kapazitäten im Groninger Gasfeld eines der größten Gasfelder der Welt, wie Dornfeldt im Interview mit Sputnik-Korrespondent Nikolaj Jolkin erläutert. Sie galten als zuverlässiger Lieferant für Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und andere Bundesländer, „aber es war abzusehen, dass die Eigenproduktion der Niederländer sich verringern wird, und man auch schon langfristig damit zu rechnen hatte.“

Wenn nun Nord Stream 2 gebaut werde, verdoppele dies die Kapazität der gesamten Pipeline bis Ende 2019 von 55 auf 110 Milliarden Kubikmeter russischen Gases im Jahr. „Das wird das Gas aus Westsibirien, wo auch deutsche Firmen produzieren, nach Deutschland, aber auch nach Gesamt-Europa bringen und sicherlich auch irgendwann die Niederländer versorgen, weil die Niederlande dann auch mehr oder weniger vom Gasimport abhängig ist“, so Dornfeldt.

Der Experte ist sich sicher, dass dieser Bau kommen werde:

„Die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung haben das Projekt immer wieder auf der Tagesordnung gehabt und klar betont, dass es im deutschen Interesse und ein kommerzielles Projekt der beteiligten Firmen ist, und somit auch für Deutschland und die deutsche Volkswirtschaft notwendig ist.“

Eine Alternative wäre norwegisches Gas, so Dornfeldt weiter, „was hier auch im Norden durch die drei bestehenden Pipelines in Niedersachsen ankommt. Dort wird sicherlich auch noch Potential sein, das entsprechend wegfallendes niederländisches Gas ersetzen kann.“

Keine amerikanische Alternative

Nun aber müsse erst einmal die Infrastruktur ausgebaut werden, führt der Experte aus:

„Wir haben bis heute kein LNG-Terminal für Flüssiggas, das man seit 1974 in Wilhelmshaven geplant hat. Die Polen haben es umgesetzt. Die Litauer haben es als ein Floating LNG umgesetzt. Die deutsche Firma Uniper teilt sich das mit Gasunie in Rotterdam.“

Dornfeldt glaubt: „Da ist immer noch die Frage des Preises. Er ist entscheidend, und da bin ich sehr skeptisch, dass das Fracking-Gas künftig das russische Gas schlagen wird. Darüber hinaus muss man auch noch daran denken, dass es langfristige Verträge gibt und dass auch die Norweger Konzessionen machen werden, um ihren Anteil in Westeuropa zu halten. Denn fast der gesamte Export norwegischen Gases geht in die Europäische Union. Insofern wird es vielleicht nur kleine Anteile für LNG-Gas geben.“ Der Experte sieht aber keinen großen Boom auf dem deutschen und westeuropäischen Markt.

Auch Norwegen keine Konkurrenz

Wenn die Sanktionen gegen Russland aufgehoben würden, so Dornfeldt, könne man viele gemeinsame Projekte in der Barentssee machen. „Dort schreibt Norwegen die 24. Lizenz aus. Und da ist das Land interessiert, weiter die Förderung zu intensivieren.“ Er selbst hat an einem Projekt zu einer Trilateral-Kooperation im Hohen Norden zwischen Russland, Deutschland und Norwegen gearbeitet und stellt fest, dass in der Zukunft möglicherweise „die Norweger gemeinsam mit russischen Firmen Felder ausbeuten, die an der ehemaligen umstrittenen Linie lagen, die dann eben die maritime Grenze darstellt. Diese ist durch die entsprechenden Verträge, die 2004 geschlossen wurden, festgelegt worden.“ Konkurrenz sieht der Experte eher im LNG-Gas aus Nordamerika und dem Nahen Osten.

Thyssengas als neue europäische Gasdrehscheibe?

Ob Thyssengas durch eine engere Zusammenarbeit mit dem russischen Konzern Gasprom seine Ambitionen von der Rolle las europäische „Gasdrehscheibe“ verwirklicht, kann nach Worten des Experten bislang nicht festgestellt werden. „Wenn aber das Netz von L-Gas (Low-Caloric-Gas) auf H-Gas (High-Caloric-Gas) und die ganze Infrastruktur, auch in den Haushalten und den Unternehmen, umgestellt werden muss, ist es möglich, dass Unternehmen investieren.“

Dann stelle sich jedoch die Frage, fährt Dornfeldt fort, „ob man sich nicht tatsächlich, wenn das russische Gas immer mehr nach NRW fließt, als Drehscheibe etabliert, um auch andere westeuropäische Länder zu beliefern. Auch wenn die Niederlande die Produktion verlassen, brauchen sie selbst Gas und werden Gas importieren. Das Gleiche gilt für Belgien und Frankreich ja ohnehin. Da wird schon das russische Gas gewinnen.“

Damit hätte NRW durchaus die Chance, sich zu etablieren und in Infrastruktur zu investieren sowie eine gewisse Rolle bei der Verteilung zu spielen, urteilt Dornfeldt. „Man wird sich darüber Gedanken machen und Planungen anstellen. Man findet schon eine Lösung, und vor allem mit dem russischen Gas aus der Nord-Stream-2-Pipeline, aber vielleicht auch mit Gas, das anteilig aus Norwegen kommen wird.“

Quelle. sputniknews.com

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