Die besseren Galaktischen

  05 Juni 2017    Gelesen: 982
Die besseren Galaktischen
Real Madrid hat in den vergangenen vier Jahren drei Mal die Champions League gewonnen.
Ein wichtiger Grund ist, dass der Klub nicht mehr einfach teure Spieler gekauft, sondern eine Mannschaft entwickelt hat.

Real Madrid hat ein Team erschaffen, das eine Ära geprägt hat. Man muss mit epischen Einordnungen natürlich vorsichtig umgehen, aber in diesem Fall ist es wohl angemessen, das Mannschaftsfoto in eine größere Ruhmeshalle zu hängen. Allein die Zahlen zwingen quasi dazu. Real Madrid hat drei der letzten vier Champions-League-Titel gewonnen, sie sind die erste Mannschaft, die den Titel verteidigen konnte, seitdem er im neuen Modus ausgespielt wird. Und man kann wirklich von "Mannschaft" schreiben, nicht von "Klub". Denn ausgerechnet beim ehemals spendierfreudigsten Verein der Welt, hat ein harter Kern diese drei Titel gewonnen.

Dieser Nukleus des Erfolges, es sind - von hinten nach vorne - Sergio Ramos, Pepe, Raphael Varane, Dani Carvajal, Marcelo, Luka Modric, Casemiro, Isco, Gareth Bale, Karim Benzema, Cristiano Ronaldo; und auch Toni Kroos gehört dazu, selbst wenn er "nur" zwei von drei Titel gewonnen hat. Das ist ein beeindruckendes Fundament von Weltklasse-Spielern, die über Jahre auf dem Platz standen und dem der Klub, der früher per ungeschriebenem Gesetz einen Star pro Transferperiode kaufen musste (Ronaldo, David Beckham, Luis Figo, Zinédine Zidane) sein Vertrauen aussprach.

Diese Kontinuität ist der Grund, warum der Klub, der sich natürlich für den besten der Welt hält, zwölf Jahre lang von 2002 bis 2014 dem zehnten Titel (La Decima) erfolglos hinterherjagte und nun die Champions League im Abo gewinnt.

Da ist die Abwehr um Sergio Ramos, die Axt aus Sevilla, der in seiner Karriere 23 rote Karten gesammelt hat, mindestens doppel so viele Ellbogen im Gesicht seiner Gegner platziert hat und im Finale gegen Turin in der 86. Minute mit seiner Schwalbe, die die gelb-rote Karte von Juan Cuadrado provozierte, wieder zeigte, dass er wirklich alles tut, um zu gewinnen. Gleichzeitig ist er unfassbar clever darin, die Möglichkeiten des Spiels auszureizen.

Das erste Champions-League-Finale gegen Atlético gewann er für Real, weil er in der Nachspielzeit einen Kopfball reinwuchtete, im zweiten Endspiel gegen Atlético stoppte er einen entscheidenden Konter des Gegners mit einem taktischen Foul. Um ihn herum steht mit Pepe ein weniger cleverer, aber ebenso harter Innenverteidiger und mit Varane ein schneller Spieler, dem der Einsatz offener Gewalt abgeht, nicht aber die Klasse. Als Stürmer weißt man: Es wird wehtun, gegen diese Abwehr.

Dazu besitzt Real etwas, was nur ganz wenige Spitzenteams haben: zwei überragende Außenverteidiger. Nur der FC Bayern mit dem Duo Philipp Lahm/David Alaba kann (beziehungsweise: konnte) mit Dani Carvajal und Marcelo mithalten. Vor allem Marcelo, der beim 7:1 der Deutschen in Rio einer der bemitleidenswertesten Akteure war, bringt eine Kombination aus Geschwindigkeit und Technik auf den Platz, die ihn in jedem anderen Klub zum Außenstürmer machen würden. Marcelo scheint aber auch einfach die Luft nicht auszugehen. Je länger das Spiel dauert, desto schärfer werden seine Vorstöße. Wer Bale, Benzema und Ronaldo verteidigen will, der hat keinen Abwehrmann mehr für Marcelo übrig.

Im Mittelfeld gibt es bei Real nicht einen Spielmacher - es gibt zwei. Wenn der Gegner versucht, Toni Kroos aus dem Spiel zu nehmen, dann übernimmt halt Luka Modric seine Rolle. Beide haben ein außergewöhnliches Spielverständnis, beiden ist der Egoismus im Starensemble fremd. Beide haben Fußball als Mannschaftssport akzeptiert - als Spielmacher bei Real ist das ganz und gar nicht selbstverständlich. Beim ersten Champions-League-Titel gab es Toni Kroos noch nicht - da spielte Xabi Alonso auf seiner Position, sein Bruder im Diagonalpass-Geiste.

Quelle: sueddeutsche

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