Ansonsten ist der RS 245 eine Dublette seines kleinen Bruders. Wie der schmiegt er Fahrer und Beifahrer in ausgezeichnete Integralsitze, hat ein um 15 Millimeter abgesenktes Fahrwerk, die Spur an der Hinterachse ist um 3,0 Zentimeter verbreitert und die Bremsscheiben wurden vorn auf 340 und hinten auf 350 Millimeter vergrößert. Schließlich muss die Fuhre ja auch wieder zum Stehen kommen. Aber bevor es so weit ist, regt sie zum Fahren an. Zum sportlichen Fahren wohlgemerkt. Und damit das ganz famos klappt, wurde nicht nur die Leistung erhöht, sondern auch ein Vorderachsdifferenzial verbaut. Bei Kurvenfahrten kann die Kraft bei Bedarf dank einer Lamellenkupplung bis zu 100 Prozent an das kurvenäußere Antriebsrad geschickt werden. Oder wie sagt Hans Joachim Stuck sehr treffend: "Der zieht sich einfach aus der Kurve raus. Mehr muss man dazu nicht wissen."
Für den Motorsport entwickelt
Ursprünglich wurde die Technik für den Motorsport entwickelt und so wundert es nicht, das Škoda die ersten Testfahrten mit dem RS 245 auf die Rennstrecke verlegt. Um genau zu sein, ins Autodromo Vallelunga Piero Taruffi in Campagnano di Roma. Noch heute wird der Rundkurs von Ferrari, Sauber und Williams zu Testfahrten für seine Boliden genutzt. Das letzte Formel-1-Rennen fand dort allerdings 1963 statt. Doch wie dem auch sei, die heute vier Kilometer lange Strecke mit sieben Rechts- und drei Linkskurven hat einen wunderbaren Rhythmus, der auch dem Autor und dem RS 245 entgegenkommt.
Allerdings darf man auch von einem 245 PS starken Octavia nicht erwarten, dass er zur ultimativen Rennmaschine mutiert. Dazu sind es dann doch zu wenig Pferdchen unter der Haube. Aber dank einiger technischer Kniffe kann man mit dem "stärksten Octavia aller Zeiten" auch auf dem Rundkurs sehr flott unterwegs sein. Dazu gehört nicht nur das Sperrdifferenzial, sondern auch ein entsprechend regelbares Fahrwerk, die Möglichkeit, das ESP bis auf einen minimalen Restwert zu deaktivieren, und eine abschaltbare Antischlupfregulierung. Das ist wichtig für rasante Kurvenfahrten, andernfalls bremsen die kleinen Helfer den rasenden Tschechen ordnungsgemäß ein. Auf der Straße ist das ein Muss, auf der Rennstrecke führt es zum Platz statt zum Sieg.
Erstmals mit 7-Gang-DSG
Zum Zeitverlust auf dem Track kann auch eine weitere Neuerung werden, die erstmals beim RS 245 verbaut wurde: das Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Der Automat verrichtet seine Arbeit im Straßenbetrieb ausgezeichnet. Ruckelfrei und ohne Kraftverlust schaltet er je nach Fahrmodi - Eco, Comfort, Normal, Sport oder Individuell - rauf und runter. Auf der Rennstrecke hat das allerdings seine Grenzen, hier ist das DSG schlicht und ergreifend zu langsam und die Schaltpunkte sind so gesetzt, wie man sie bei der Kurvenhatz eigentlich nicht haben möchte. Aber auch dem kann der RS-245-Fahrer entgegenwirken. Nämlich dann, wenn er sich für die manuelle Gangwahl entscheidet. Auch hier gibt es zwei Optionen: Entweder fällt die Entscheidung auf das manuelle Sechsganggetriebe oder der Fahrer nutzt beim Automaten die Paddles am Lenkrad.
Wobei die zweite Option deutlich charmanter ist. Zum einen ist das DSG im Alltagsbetrieb die bessere Wahl, zum anderen bleiben die Hände am Lenkrad. Schade nur, dass die Schaltwippen etwas klein geraten sind und man recht lange Finger machen muss, um sie zu bedienen. Hat man aber die richtige Position gefunden, gibt es für den RS 245 kein Halten mehr. Zumal Škoda für den Kurvenlauf bei seiner Kampfmaschine den Lenkradeinschlag im Vergleich zum normalen Octavia von 2,8 auf 2,1 Umdrehungen verringert hat.
Elastizität und 6000 Umdrehungen
Ein Umstand, der nicht nur auf der Strecke für Lenkpräzision sorgt, sondern jede Kurvenfahrten zur Spaßveranstaltung werden lässt. Schön auch, dass die Tschechen bei der Justierung der elektromechanischen Lenkung eine sehr gesunde Mischung aus Enge und Komfort gefunden haben. An keiner Stelle hat der Pilot das Gefühl, dass Lenkbewegungen anstrengend oder zäh werden. Und noch etwas ist erwähnenswert. Bleibt der Zeitgewinn beim Standardsprint im Vergleich zum RS marginal, beeindruckt der 245 durch seine Elastizität. Im fünften Gang dauert der Zwischensprint von 60 auf 100 km/h lediglich 6,4 Sekunden und auch die Beschleunigung von 80 auf Tempo 120 ist in 6,6 Sekunden abgeschlossen, was gerade bei Überholmanövern auf Landstraße und Autobahn ein gehöriges Maß an Sicherheit gibt.
Beim Run über die Rennstrecke steht dieser Umstand eher im Hintergrund. Hier werden die Gänge bis zur 6000 ausgedreht, wer drüber geht, landet im Begrenzer oder zwingt die Automatik zum selbständigen Schalten. Der 2.0-Liter-Vierzylinder macht das alles klaglos mit. Kein Zeichen von Überanstrengung dringt in den Innenraum. Dafür, dass der Sound in der Summe stimmt, haben die Ingenieure die Auspuffanlage modifiziert und die Schalldämpfer verkleinert. Ein Umstand, der den Klang von jeder Synthetik befreit und auch an dieser Stelle Race-Feeling aufkommen lässt, ohne aber die Insassen mit unnötigen Fake-Sportgeräuschen zu nerven. Apropos: Auch der Spritkonsum des 245 kostet keine Nerven. Auf den flott gefahrenen Landstraßen rund um die Rennstrecke konsumierte der sportlichste Octavia im Schnitt 9,6 Liter. Ein Wert, der den einen oder anderen zucken lässt, für die Leistungsklasse aber absolut in Ordnung geht und bei verhaltener Fahrweise sicher noch zu reduzieren ist.
Wie es euch gefällt
Doch kommen wir noch einmal zurück zum Stammtisch. Natürlich kauft sich kein Mensch einen Octavia 245, um damit permanent über die Nordschleife zu heizen, sondern wahrscheinlich eher, um für die Arbeit von A nach B zu kommen und die Familie zu Ausflügen und zum Urlaub einzuladen. All das ist natürlich mit dem tschechischen Sportler problemlos möglich. Denn das Gardemaß ist unberührt. Platz für die Insassen gibt es satt, der Kofferraum fast je nach Stellung der Lehne der Rückbank beim Kombi zwischen 610 und 1740 Liter und natürlich hat der Renn-Skoda alle cleveren Lösungen der Tschechen an Bord: Eiskratzer in der Tankklappe, Taschenlampe im Kofferraum, Tickethalter an der Frontscheibe, Flaschenhalter und -öffner für PET-Flaschen in der Mittelkonsole, zwei USB-Anschlüsse im Fond etcetera.
Auch mit den Assistenzsystemen geizt der RS 245 nicht: Vorausschauender Fußgängerschutz, Blind Spot Detect, Rear Traffic Alert, Adaptiver Abstandsassistent, Lane Assist, Müdigkeitserkennung, Travel Assist mit Verkehrszeichenerkennung, Rangierbrems-, Parklenk-, Anhängerrangier-, Berganfahr- und Fernlichtassistent sind auf Wunsch erhältlich. Auch die mobilen Online-Dienste sind buchbar und bieten Navigation, Information, Unterhaltung und Assistenten. Das reicht von der Verkehrsinformation in Echtzeit bis hin zum automatischen Notruf bei einem Unfall.
Allerdings muss ein Teil dieser Optionen auf den Einstiegspreis von knapp 34.000 Euro aufgeschlagen werden. Das sind im Übrigen etwa 3000 Euro mehr, als für einen RS mit 230 PS gezahlt werden müssen. Dafür gibt es aber auch deutlich mehr Sportwagen zum Alltagsauto oder mehr Alltagsauto zum Sportwagen. Letztlich geht es hier frei nach Shakespeare: "Wie es euch gefällt".
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