Su-24-Abschuss gefährdet russisch-türkische Mega-Projekte

  25 November 2015    Gelesen: 664
Su-24-Abschuss gefährdet russisch-türkische Mega-Projekte
Der jüngste Abschuss einer russischen Su-24 durch die Türkei droht die bilateralen Beziehungen auch im Wirtschaftsbereich schwer zu beeinträchtigen. Ein Rückschlag wäre vor allem für Energieprojekte und für den Tourismus möglich.

Die Tageszeitung „Kommersant“ zitierte am Mittwoch einen ranghohen Beamten des russischen Präsidialamtes mit den Worten, in nächster Zeit seien „harte“ Entscheidungen zu erwarten, die das russisch-türkische Verhältnis in vielen Bereichen beeinflussen würden. Konkrete Maßnahmen sollen, wie es hieß, nach entsprechenden Expertenberatungen beschlossen werden. Der russische Energiekonzern Gazprom soll insbesondere bewerten, ob der geplante Bau der Gaspipeline Turkish Stream über das Schwarze Meer zweckmäßig bleibt.
Wie die Zeitung weiter unter Berufung auf ihre Quelle berichtete, war man bisher davon ausgegangen, dass ein Regierungsabkommen zu Turkish Stream bereits Mitte Dezember unterzeichnet werden könnte, doch nun ist damit kaum zu rechnen. Falls das Pipeline-Projekt platzt, wird die Türkei russisches Erdgas weiterhin über die Ukraine beziehen. Die Situation mit künftigen Transitlieferungen an die Balkanländer ist dann unklar. Und die bereits erfolgten russischen Großinvestitionen in den geplanten Schwarzmeer-Lieferweg gehen in diesem Fall verloren. Was Zentraleuropa und Italien betrifft, sollen sie russisches Gas über die Ostsee bekommen: Den Bau der Pipeline Nord Stream 2 betrachtet Gazprom als beschlossene Sache.


Aber auch für die Türkei selbst wären Nachteile im Gas-Bereich möglich, falls das Land auf den ukrainischen Transit angewiesen bleibt. Vor einem Jahr hatte Gazprom seine Lieferungen über die Ukraine bereits vorübergehend reduziert. Dabei bezieht die Türkei seine verbrauchten Gasmengen zu 60 Prozent aus Russland. Sie ist hinter Deutschland der zweitgrößte Verbraucher von russischem Export-Gas.
Auch das riesige AKW-Projekt Akkuyu könnte theoretisch nun gefährdet werden. Demnach soll Russland ein Kernkraftwerk in der Türkei bauen. Geplant sind vier Reaktoren. Das 22 Milliarden US-Dollar schwere Projekt ist im Moment der größte Auftrag der russischen Atomholding Rosatom. Diese soll mindestens 51 Prozent der Anteile am AKW erhalten. Alle Verträge sowie Genehmigungen der türkischen Behörden liegen bereits vor, deshalb sieht ein Verzicht auf das Projekt vorerst wenig wahrscheinlich aus.
Darüber hinaus wäre nun ein herber Rückschlag für die Reisebranche zu erwarten. Die russische Tourismus-Behörde empfahl bereits allen Reisebüros, den Verkauf von Türkei-Touren auszusetzen. Im Sommer ist die Türkei das beliebteste ausländische Reiseziel der Russen. Nach Angaben der russischen Zeitung „RBC Daily“ hatten nahezu 4,5 Millionen Russen im vergangenen Jahr türkische Badeorte besucht. Nur aus Deutschland kommen mehr Urlauber.


Generell ist die Türkei der fünftgrößte Handelspartner Russlands (hinter China, Deutschland, den Niederlanden und Italien). Im vergangenen Jahr hatte sich der Warenumsatz zwischen Russland und der Türkei auf rund 31 Milliarden US-Dollar belaufen, den Löwenanteil machen dabei Exporte aus Russland aus. Rechnet man dazu noch den Dienstleistungsbereich (vor allem den Tourismus) steigt die Summe auf knapp 44 Milliarden, schreibt „RBC Daily“.
Am Dienstag hatte die Türkei nach eigenen Angaben einen russischen Su-24-Jagdbomber abgeschossen. Sie beschuldigte den Kampfjet, in ihren Luftraum eingedrungen zu sein. Laut Moskau wurde die Maschine jedoch im syrischen Luftraum angegriffen. Wladimir Putin bezeichnete den Abschuss als „Stoß in den Rücken“ und kündigte „ernsthafte Konsequenzen“ für das russisch-türkische Verhältnis an.



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