Der IS: Das totale Kontrastprogramm zum Islam

  26 November 2015    Gelesen: 747
Der IS: Das totale Kontrastprogramm zum Islam
Navid Kermani meinte in seiner Friedenspreisrede, dass der Islam eher im Krieg mit sich selbst sei, statt im Krieg mit dem Westen. Seit einigen Jahren sähe man, „vielleicht weniger im arabischen Kernland des Islams als vielmehr an den Peripherien, in Asien, in Südafrika, in Iran, der Türkei und nicht zuletzt unter den Muslimen im Westen, wie sich ein neues religiöses Denken entwickelt“; ein religiöses Denken, dass sich ebenfalls auf den Koran und die Sunna des Propheten stütze. Dann stellt er die entscheidende Frage: „Gibt es Hoffnung?“.

Ich möchte auf diese Frage mit einem klaren und offenen „Ja!“ antworten. Selbst wenn Unmenschen, die ihre Gräueltaten mit dem Koran und der Sunna legitimieren, gibt es im Gegenzug muslimische Bewegungen in Asien, in Südafrika, in Iran, der Türkei und im Westen, die dieses verachtende Denken gegenüberstehen.

Anlehnend an den Vortrag von Dr. Rainer Hermann auf der Tagung, die von der Stiftung Dialog und Bildung organisiert wurde und am vergangenen Wochenende stattfand, möchte ich zeigen, wie die muslimische Perspektive in sieben Kernelementen dem religiösen Faschismus des IS im völligen Kontrast gegenübersteht.

Die Staatsform/Scharia
IS:

Der IS verfügt über einen inoffiziellen Staat der Größe Großbritanniens. An der Spitze dieses totalitären Staates steht ein Herrscher, der sogenannte „Khalif“, dem mehr als 30.000 Krieger unterstehen. Der IS steht für eine buchstabengetreue Umsetzung der Scharia. Polizisten überwachen die Einhaltung sehr restriktiven Kleidungs- und Verhaltensvorschriften. Die Scharia-Gerichte verhängen die Hudud-Strafen, ordnen bei Diebstahl das Abhacken einer Hand an.

-> Der Koran gibt Prinzipien zur Regierungsform vor, die kein Hindernis für die Umsetzung der Demokratie darstellen. Diese allgemeinen Prinzipien sind: Meinungsfreiheit, Toleranz, Gewaltfreiheit, Gleichberechtigung, Beratung, Gerechtigkeit, Religionsfreiheit, der Schutz der Rechte von Individuen und Minderheiten, das Recht eines Volkes zur Wahl seiner Regierung, die Verantwortung der Regierenden für ihre Tätigkeiten, sowie die Unzulässigkeit der Herrschaft einer Minderheit oder Mehrheit über den jeweils anderen.

Der Dschihad
IS:

Der Dschihad des IS beruft sich auf die Gewalt und die Unterdrückung des „Anderen“ mit einem Ziel: die Unterwerfung der Welt und die Ausbreitung des Kalifats durch Krieg.

-> Nach den letzten Terroranschlägen haben sich die Muslime klar von Terror distanziert. Sie haben den Terror und den Einsatz von Gewalt zur Erreichung politischer Ziele verurteilt. Muslime werden aufgerufen, das Gesetz zu respektieren und jeden politischen und ideologischen Konflikt – ob zwischen Individuen oder Staaten – friedlich zu lösen.

Der Begriff der „Gottgefälligkeit
IS:

Für den IS ist gottgefällig jener, der sich Gott „unterwirft“ und hierbei sich nicht davor scheut, alle Mittel einzusetzen.

-> Der Dienst an den Menschen wird gleich dem Dienst an Gott verstanden. Bedürftigen helfen, Bildung fördern, Brücken für Frieden und Dialog schaffen; all diese Dinge gelten als gottgefälliges Handeln.

Die Quellen des Islams
IS:

Der IS ist für den buchstabengetreuen Islam und lehnt den Analogieschluss (qiyas) und die eigene Urteilsfindung (idschtihad) ab, die seit Jahrhunderten in der islamischen Theologie Anwendung finden. Zu dem verzichten sie bei der Exegese auf die Berücksichtigung zeitlicher und örtlicher Umstände.

-> Die Zeit ist der größte Exeget. Die Anforderungen der Menschen und der Welt ändern sich mit der Zeit. Eine zeitgemäße und auf die örtlichen Umstände berücksichtigte Interpretation ist kein Widerspruch, sondern ein Teil der islamischen Theologie. Der Prophet Muhammad riet seinem Prophetengefährten den Idschtihad durchzuführen, wenn zur Sachlage keine Antwort im Koran und in der Sunna zu finden war.

Ideologie
IS:

Die IS-Ideologie ist heilig und diese Ideologie ist nicht falsifizierbar bzw. widerlegbar. Wer dieser Ideologie nicht folgt wird enthauptet, sei er ein Muslim oder nicht.

->Der Koran selbst steht für den Pluralismus der Religionen bzw. Weltanschauungen. Durch die Verse 10/99, 5/48, 11/118 und 6/107 schreibt er den Muslimen das Leben in einer pluralen Welt vor. Um jedoch das gemeinsame Leben zu ermöglichen, sind Religionen, Weltanschauungen und Atheisten zu akzeptieren. Dies ist nur möglich, wenn Freiheiten wie Glaubens- Meinungs- und Religionsfreiheiten gewährt werden, wie dies auch der Koran tut (s. 18/29, 10/108 und 76/29).

Minderheiten
IS:

Minderheiten werden auf die brutale Art und Weise unterdrückt. Wenn sie gehorchen, werden sie „geschützt“ und müssen die Kopfsteuer zu zahlen. Die Häuser der Christen werden mit einem „n“ für Nasrani (Christ) gekennzeichnet; Häuser der Schiiten mit einem „r“ für Rafida, einem Schimpfwort der extremistischen Sunniten für die Schiiten.

-> Die beiden Hauptquellen des Islams stehen eindeutig mit über 1/3 des Korans für ein friedliches Zusammenleben. Weder der Koran, noch die Sunna sind ein Hindernis für das friedliche Zusammenleben mit Christen, Juden oder Angehörigen anderer Religionen und Überzeugungen. Der wohl bedeutendste muslimische Mystiker Rumi sagte: „Komm, wer immer Du auch bist, komm, zu welcher Religion Du auch immer gehörst, komm! Unsere Tür steht Dir offen.“

Bildung und Wissenschaft
IS:

Fakultäten und Abteilungen (Jura, Politologie, Kunst, Archäologie, Sportwissenschaft und Philosophie) werden an den Hochschulen aufgelöst, weil sie „gegen die Scharia“ verstoßen. Verboten sind alle Fächer und Themen, die mit Demokratie, Kultur, Freiheit und weltlichem Recht zusammenhängen; in den Abteilungen für Englisch, Französisch und den Übersetzerkursen darf nicht mehr über Romane und Theaterstücke gesprochen werden. Zudem wird der Zugang der Frauen zur Bildung verhindert. Die Sklaverei wird wieder eingeführt und nichtmuslimische Frauen oder Frauen der muslimischen Kritiker werden als Sexsklavinnen verkauft.

-> Die Bildung spielt für alle Menschen eine zentrale Rolle. Bildung ist die Voraussetzung für einen konstruktiven Beitrag zur Gesellschaft und Menschheit. Ungebildete Menschen sind eine Gefahr für die Gesellschaft.

-> Frauen hingegen darf der Zugang zur Bildung nicht verhindert werden. Die Frauen haben ein Recht auf Bildung und auf ein Leben, frei von jeglichem sozialem Druck, damit sie sich entfalten können.

Und wo steht jetzt der IS mit seiner totalitären unmenschlichen Unterdrückung und wo der Koran und die Sunna des Propheten?

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