Zeit zum Profilieren – Erdogans umstrittene Rolle bei G20

  07 Juli 2017    Gelesen: 538
Zeit zum Profilieren – Erdogans umstrittene Rolle bei G20
Kaum ein Staatsmann hat in den vergangenen Monaten international so viel Porzellan zerschlagen wie der türkische Präsident. Erdogans Auftritt auf dem G20-Gipfel birgt also eine Menge Konfliktpotenzial. Dennoch ist es ein Termin, den Erdogan gerne wahrnimmt, sagt die Türkei-Expertin Dr. Gülistan Gürbey im Interview - aus gleich mehreren Gründen.
Kaum ein Staatsmann hat in den vergangenen Monaten international so viel Porzellan zerschlagen wie der türkische Präsident. Erdogans Auftritt auf dem G20-Gipfel birgt also eine Menge Konfliktpotenzial. Dennoch ist es ein Termin, den Erdogan gerne wahrnimmt, sagt die Türkei-Expertin Dr. Gülistan Gürbey im Interview — aus gleich mehreren Gründen.

Frau Dr. Gürbey, der türkische Präsident Erdogan wird am Wochenende ebenfalls auf dem G20 Gipfel in Hamburg erwartet. Ist das ein Termin, den er gerne wahrnimmt?

Definitiv. Sie wissen, die Türkei ist ja schon seit längerer Zeit Mitglied der G20. Und diese ganzen Treffen bieten natürlich eine internationale Plattform für Aufmerksamkeit. Diese Plattform für eigene Interessen zu nutzen, das versucht natürlich auch Staatspräsident Erdogan in Anspruch zu nehmen.

Erdogan wird mit einer rund 250-köpfigen Delegation nach Hamburg reisen. Das sind dreimal mehr, als die Delegation des französischen Präsidenten Macron. Welche Ziele will Erdogan bei dem G20-Treffen umsetzen?

Er will natürlich die besondere internationale Position der Türkei hervorheben. Solch eine große Delegation mit dabei zu haben, das ist natürlich für die Öffentlichkeit schon einmal ein Signal. Es soll zeigen, dass die Türkei sehr stark Wert darauf legt, als Mitglied der G20 in besonderer Weise wahrgenommen zu werden. Solche Plattformen nutzt Präsident Erdogan sehr erfolgreich aus.

Das Verhältnis zwischen Berlin und Ankara ist derzeit mehr als frostig. Wie steht es um das Verhältnis der Türkei mit anderen Gipfelteilnehmern?

Das Verhältnis der Türkei zu anderen Staaten ist sehr unterschiedlich. Aber für alle kann man sagen, dass die Türkei trotz Spannungen mit einigen Mitgliedern der G20 immer noch als ein strategisch wichtiges Land gesehen wird. Diese strategische Bedeutung geht ganz schlicht auch aus der geografischen Lage des Landes hervor. Ob die Türkei von Erdogan regiert wird, oder von einer völlig anderen Partei, die geostrategische Bedeutung ist eine Konstante des Landes, die in der Wahrnehmung der internationalen Politik immer gegeben ist und die es weiterhin auch geben wird.

Welche Rolle spielt der Kampf gegen des IS beim G20-Gipfel? Und vor allem, welche Rolle spielt die Türkei dabei?

Natürlich ist das ein wichtiges Thema. Es geht darum, wie man den Kampf gegen den IS gemeinsam intensivieren kann. Auf der anderen Seite ist es zwar das gemeinsame Ziel, den IS zu bekämpfen, aber die Wege dahin sind nicht unbedingt frei. Denn die bei den G20 vertretenen Staaten verbinden unterschiedliche Interessen mit diesem Ziel. Dennoch bleibt der Kampf gegen den IS an diesem Wochenende ein sehr prägnantes Thema.

Ein weiteres heißes Eisen sind die amerikanischen Waffenlieferungen an kurdische Rebellen in Nordsyrien. Die USA sehen in den kurdischen Milizen Verbündete — für die Türkei sind es Terroristen. Könnte es da noch krachen zwischen Erdogan und Trump?
Bis jetzt ist es nicht zu einem kompletten Abbruch der Beziehungen gekommen und ich erwarte auch nicht, dass so etwas passieren würde. Aber dieser Disput wird weiter anhalten. Die Türkei wird immer versuchen, den Druck auf die USA zu erhöhen, die Kooperation mit den Kurden zu beenden. Beispielsweise indem die Türkei strategisch versucht, mit Russland zu kooperieren, oder mit dem Iran, oder mit beiden. Das sind alles Versuche, die in diesem Gesamtkontext der Einflussnahme auf die Vereinigten Staaten zu sehen sind.

Am Rande des G20-Gipfels wollte sich Erdogan eigentlich mit dem saudischen König Salman treffen. Durch die Absage des Saudis wird es dazu nicht kommen. Gesprächsthema wäre die Katar-Krise gewesen.

Welche Rolle spielt Erdogan dabei?

Die Katar-Krise tangiert natürlich auch ganz intensiv die Türkei. Denn es betrifft direkt die türkischen Interessen, die das Land unter der Regierungspartei AKP hat. Diese hat ganz enge Beziehungen mit Katar aufgebaut. Und wie Sie wissen ist die Türkei auch gerade dabei, einen militärischen Stützpunkt in Katar aufzubauen. Die Arbeiten dazu sind bereits im Gange. Für die Türkei ist es nun wichtig, diese Krise zwischen Saudi Arabien, weiteren Staaten und Katar friedlich zu lösen. Eine Eskalation läge also nicht im Interesse der Türkei.

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