„Was hat Steine schmeißen mit dem ‚gegen Kapitalismus‘ zu tun?“

  08 Juli 2017    Gelesen: 726
„Was hat Steine schmeißen mit dem ‚gegen Kapitalismus‘ zu tun?“
Ein Bild der Verwüstung bietet sich am Tag nach den Krawallen im Hamburger Schanzenviertel. Eingeschlagene Scheiben, verwüstete Geschäfte, verbrannte Geldautomaten und jede Menge Müll. Anwohner und Ladenbesitzer sind fassungslos und können nur noch aufräumen und hoffen, dass nichts schlimmeres passiert.
Im Schanzenviertel ist man traditionell eher links und so einiges an Krawallen gewohnt, doch was in der Nacht zum Samstag in den Straßen des Viertels passiert ist, hat alle Erwartungen übertroffen. Zahlreiche Geschäfte sind betroffen: Froh ist, wer nur eine eingeschlagene Scheibe zu beklagen hat. Manche Geschäfte sind komplett verwüstet.

„Das ist einfach scheiße! Total unnötig und für den Protest nicht hilfreich. Es haben alle verloren: Die Stadt, die Polizei, alle, die hier wohnen, die ganzen Läden“, findet Andreas, der seinen Plattenladen trotz allem wieder geöffnet hat.

„Ich kann den Protest nachvollziehen, aber nicht die Wahl der Mittel. Steine schmeißen und Geschäfte plündern hat nichts mit gegen Kapitalismus sein zu tun. Die Polizei hat aber auch jede Menge Fehler gemacht.“

Für das Viertel heiße das nichts Gutes und es werde die Politik in Hamburg noch eine ganze Weile beschäftigen. Wahrscheinlich werde die Gangart gegen die Rote Flora verschärft werden, überlegt Andreas.

„Der Innensenator sollte auf jeden Fall zurücktreten und der Einsatzleiter der Polizei auch. Es war ihre Aufgabe, die Krawalle zu verhindern und den Ablauf des Gipfels zu gewährleisten. Das haben sie beides nicht geschafft.“

Ein Paar Meter weiter treffe ich Wahid vor seinem Laden. Bei ihm ist nur das Rollgitter kaputt gegangen, aber er macht sich Sorgen, dass in den kommenden Tagen noch mehr passiert.

„Wir hatten nicht erwartet, dass es in solchen Ausmaßen eskaliert, das ist echt heftig. Aber niemand hat es kommen sehen: Die Polizei hat es nicht erwartet, wir haben es nicht erwartet. Aber was will man machen? Wir können jetzt nur noch aufräumen und hoffen, dass es heute nicht nochmal passiert. Es sind ja weitere Demos angekündigt worden.“

So richtig vorbereitet hätten sie sich nicht. „Wir haben die Gitter runtergezogen und standen im und vor dem Laden, damit keiner was macht. Einiges konnten wir verhindern, aber leider nicht alles.“

Angst habe er nicht gehabt, sagt Walid. Man sei im Schanzenviertel Krawalle gewohnt. Aber er könne die sinnlose Zerstörung nicht verstehen. Die Polizei habe auch nichts machen können, erinnert er sich.

„Die Polizei war machtlos. Zumindest die zwei-drei Stunden, wo es hier am Schulterblatt abging, konnten sie nichts machen. Erst später, als die Sondereinsatzkommandos da waren, hatten sie die Lage wieder im Griff.“

Walid sagt, er werde das Gitter reparieren und am Abend wieder in seinem Laden stehen. Zur Not werde er ihn auch mit Gewalt verteidigen.

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