Ex-US-Geheimdienstchef über Irak-Invasion: Geschichte wird kein mildes Urteil fällen

  02 Dezember 2015    Gelesen: 714
Ex-US-Geheimdienstchef über Irak-Invasion: Geschichte wird kein mildes Urteil fällen
Wenn die USA nicht in den Irak eingedrungen wären, würde es den Islamischen Staat nicht geben, sagte der Chef der Special Forces, Generalleutnant Mike Flynn, in einem „Spiegel“- Interview.

„Das war ein riesiger Fehler. So brutal Saddam Hussein war — ihn nur zu eliminieren, war falsch. Das Gleiche gilt für Gaddafi und Libyen, das heute ein failed state ist. Die große historische Lektion lautet, dass es eine strategisch unglaublich schlechte Entscheidung war, in den Irak einzumarschieren. Die Geschichte sollte und wird über diese Entscheidung kein mildes Urteil fällen“, äußerte Flynn.

Von 2004 bis 2007 diente Michael Flynn in Afghanistan und im Irak, wo er Kommandeur von US-Spezialkräften war und unter anderem im Irak den Top-Terroristen Abu Mussab al-Sarkawi jagte, einen der Vorgänger des heutigen Chefs des Islamischen Staates, Abu Bakr al-Baghdadi.

Die USA, so Flynn, hätten immer versucht, den Anführer zu vernichten, weil sie hofften, dass sein Nachfolger weniger erfolgreich sein würde. Doch dies sei ein Irrtum gewesen, denn „Baghdadi ist besser als Abu Mussab al-Sarkawi, und Sarkawi war bereits besser als Bin Laden“: Er habe den Kampf „auf eine neue Ebene gehoben“, wobei die lokale Auseinandersetzung zu einem „religiösen und globalen Krieg“ geworden sei.

Laut Flynn haben die USA seinerzeit einen Fehler begangen, als sie Baghdadi im Jahr 2004 zuerst festhielten und dann wieder freiließen: „Wir waren zu dumm. Damals hatten wir nicht verstanden, mit wem wir es zu tun hatten“, sagt der Ex-Geheimdienstchef.

In Europa gebe es, so Flynn, mittlerweile in jedem Land eine eigene Führungsstruktur des IS. „Das gilt wohl auch für die USA, auch wenn wir das noch nicht erkennen können“, fügt der Generalleutnant hinzu.

Für einen Sieg gegen den IS werden die Luftschläge allein nicht ausreichen, daher brauche es eine Bodenoperation. Außerdem müsse eine konstruktive Zusammenarbeit mit Russland her: „Russland hat sich entschieden, in Syrien militärisch zu handeln, und das hat die Lage dramatisch verändert. Wir können nicht mehr sagen, dass Russland böse ist und sich zurückziehen soll. Das wird nicht passieren, seien wir realistisch“, so Mike Flynn weiter.

Der frühere Chef der Special Forces kritisierte ferner die Haltung der USA, die zur Syrien-Frage nicht kooperieren wollen: „ Da kommt der französische Präsident Hollande nach Washington und bettelt um militärische Hilfe. Als Amerikaner finde ich das merkwürdig. Wir als USA müssten schon längst bei ihm gewesen sein und ihm Unterstützung angeboten haben, weil er angegriffen wurde. Nun geht er nach Moskau und versucht es dort“, folgert der Ex-US-Geheimdienstchef.


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