Einer möglichen Festnahme könnte sich Puigdemont allerdings bereits entzogen haben. Mehrere Medien berichten übereinstimmend der Katalane sei nach Belgien ausgereist. Die entmachtete katalanische Regionalregierung bestätigte dem katalanischen Sender "TV3", Puigdemont und einige seiner Berater befänden sich an einem "sicheren und geheimen Ort". Der katalanische Parlamentsabgeordnete Lluís Llach twitterte, Puigdemont befinde sich im Exil.
Sollten Puigdemont und die übrigen Angeklagten wegen Auflehnung gegen die Staatsgewalt oder gar Rebellion verurteilt werden, drohen ihnen bis zu 30 Jahre Haft.
Am Wochenende hatte Belgiens Staatssekretär für Asyl und Migration gesagt, es sei "nicht unrealistisch", das Katalanen, die sich politisch verfolgt fühlten, in Belgien Asyl erhielten. Belgien ist eines der wenigen EU-Mitgliedsländer, in dem EU-Bürger offiziell Zuflucht suchen können. Einigkeit besteht im Falle Puigdemonts wohl nicht: Belgiens Regierungschef Charles Michel sagte, Asyl für den katalanischen Ex-Regierungschef stehe "absolut nicht auf der Agenda".
Die Medienberichte kommentierte der Chefkoordinator und "Nummer drei" in der Hierarchie der Volkspartei (PP) des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, Fernando Martínez Maíllo, mit den Worten: "Ja, das ist anscheinend bestätigt." Die Flucht zeuge "von Verzweiflung", sagte er vor Journalisten in Madrid. Mit Puigdemont sollen auch einige Minister ausgereist sein. Das Büro des flämischen Ministerpräsidenten Geert Bourgeios teilte mit, der Aufenthaltsort von Puigdemont sei nicht bekannt und es sei auch kein Treffen vorgesehen.
Über das Puigdemonts Nutzerkonten bei Facebook und Instagram wurde am Morgen ein Foto des Regierungspalasts in Barcelona veröffentlicht, aber da war der Ex-Regionalpräsident offenbar schon nicht mehr in der Stadt. Puigdemont kam auch nicht zur Sitzung seiner Partei "Partido Demócrata Europeo Catalán" (PDeCAT), die für 10:30 Uhr angesetzt war.
Die Angeklagten würden als Beschuldigte zu Anhörungen vorgeladen, sagte Generalstaatsanwalt Maza. Man schließe aufgrund der Schwere der Verbrechen keine Maßnahmen - also Inhaftierung und anschließende U-Haft - aus, betonte er. Die Angeklagten hätten "eine institutionelle Krise verursacht, die mit einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung (durch das katalanische Parlament) geendet" habe, sagte Maza.
Madrid übernimmt Amtsgeschäfte
Die Regierung von Spaniens konservativem Premierminister Mariano Rajoy hatte die Regionalregierung am Samstag offiziell abgesetzt, nachdem am Freitag das Regionalparlament kurz vor Inkrafttreten der Madrider Zwangsmaßnahmen einen Unabhängigkeitsbeschluss verabschiedet hatte. Am Montag übernahm Madrid die Amtsgeschäfte in Katalonien.
Die Zwangsverwaltung der wirtschaftsstarken Autonomen Gemeinschaft soll mindestens bis zur Abhaltung der für den 21. Dezember einberufenen Neuwahlen laufen. In einer TV-Rede hatte Puigdemont am Samstag durchblicken lassen, dass er seine Amtsenthebung nicht anerkennt. Der 54-Jährige rief die Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung zum friedlichen "demokratischen" Widerstand auf und sagte, er wolle weiter für die Gründung eines "freien Landes" arbeiten.
Neben Puigdemont waren auch die übrigen Mitglieder der Regierung in Barcelona ihrer Ämter enthoben worden. Insgesamt mussten 150 Regierungsmitarbeiter gehen. Auch die beiden Chefs der katalanischen Polizeieinheit Mossos d'Esquadra, Pere Soler und Josep Lluís Trapero, wurden abgesetzt.
Quelle: n-tv.de , rpe/jug/dpa/rts
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