Kanzlerin Angela Merkel verurteilte «Nordkoreas neueste Provokation» scharf. «Es ist wichtiger denn je, gegen die Bedrohung der internationalen Sicherheit durch Pjöngjang zusammenzustehen», erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert. US-Präsident Donald Trump reagierte sehr verhalten. «Das ist eine Situation, mit der wir umgehen werden», sagte Trump in Washington. Der Raketenstart ändere nichts an der Nordkorea-Politik der USA.
Die Rakete flog nach Angaben von US-Verteidigungsminister James Mattis so hoch wie keine vor ihr. Nordkoreas Forschung und Entwicklung von ballistischen Raketen, die eine Bedrohung «überall in der Welt» seien, dauerten an. Das Land setze seine Bemühungen fort, eine Raketenbedrohung aufzubauen, die den Frieden in der Region, in der Welt und «sicher auch die USA» gefährdeten, sagte Mattis.
Südkoreas Militär berichtete, die Rakete sei 4500 Kilometer hoch geflogen - zehnmal höher als die Umlaufbahn der internationalen Raumstation (ISS). Nach rund 50 Minuten stürzte sie 960 Kilometer weiter östlich vor der Westküste Japans ins Japanische Meer. Es waren der bisher längste Flug und die größte Reichweite, die eine nordkoreanische Rakete demonstriert hatte.
Damit könnte die Rakete das US-Kernland erreichen, wenn sie von einem Standard-Abschusswinkel abgefeuert eine normale Flugbahn erreicht hätte, meinten Experten. Sie schätzten die Reichweite auf 13 000 Kilometer. «Eine solche Rakete hätte mehr als genug Reichweite, um Washington und jeden anderen Teil der kontinentalen USA zu erreichen», meinte David Wright von der Vereinigung besorgter Wissenschaftler.
Allerdings ist fraglich, ob die Sprengköpfe auch den kritischen Wiedereintritt in die Erdatmosphäre heil überstehen würden. Nordkoreas Propaganda gab vor, die Rakete habe einen «besonders schweren, großen Sprengkopf» getragen. Der Experte Wright ging aber davon aus, dass der Sprengkopf «eine sehr leichte Attrappe» gewesen sei. Mit einem echten, deutlich schwereren Sprengkopf wäre eine solche Entfernung nicht zurückgelegt worden.
Trump telefonierte mit Südkoreas Präsidenten Moon Jae In und Japans Premier Shinzo Abe. Südkorea reagierte nur fünf Minuten nach dem Start der Rakete mit Manövern und schoss drei Raketen für Zielübungen ins Meer. Moon warnte in Seoul vor einer Eskalation. Falls Nordkorea weiter Raketen entwickle, die andere Kontinente erreichen könnten, «könnte es zu einer Situation kommen, die nicht mehr gut zu machen ist». «Wir müssen verhindern, dass Nordkorea die Lage falsch einschätzt und uns mit Atomwaffen bedroht, oder dass die USA einen Präventivschlag erwägen könnten», sagte Moon.
Nordkoreas Nachbar China verurteilte den Raketentest und äußerte «große Sorge». Nordkorea solle sich an die UN-Resolutionen halten, die dem Land Raketenstarts untersagen. Pjöngjang solle nichts tun, was die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel verschärfe, sagte ein Außenamtssprecher in Peking. «Wir hoffen, dass alle Parteien umsichtig handeln und gemeinsam Frieden und Stabilität in der Region sichern.»
Der chinesische Vorschlag für eine Wiederaufnahme von Verhandlungen mit einem «zweigleisigen Vorgehen», wonach Nordkorea sein Atomwaffen- und Raketenprogramm einfriert, während die USA und Südkorea ihre Manöver aussetzen, sei eine «realistische und vernünftige Lösung», betonte der Sprecher. Die USA haben die Idee allerdings verworfen. Auch zeigte Nordkorea bei einer jüngsten Vermittlungsmission eines chinesischen Gesandten in Pjöngjang keine Verhandlungsbereitschaft.
Japan hatte nach Angaben von Verteidigungsminister Itsunori Onodera keinen Befehl zum Abschuss der Rakete gegeben, da man zu der Einschätzung gelangt war, dass sie weder auf japanischem Territorium noch in japanischen Hoheitsgewässern landen würde. Die Regierung habe den Flug der Rakete vollständig verfolgen können. Sie landete rund 250 Kilometer westlich der nordjapanischen Provinz Aomori im Meer. In den vergangenen Monaten hatte Nordkorea zwei Raketen über den Norden Japans hinweg getestet, die im Pazifik niedergegangen waren.
Ballistische Raketen können mit konventionellen, chemischen, biologischen oder atomaren Sprengköpfen bestückt werden. Die im antriebslosen Flug zurückgelegte Strecke kann bis zu zehn Mal so lang sein wie der Weg, den die Rakete mit Antrieb in der Schubphase zurücklegt. Zuletzt hatte Nordkorea am 15. September eine Rakete getestet.
In den vergangenen Monaten hatten sich die Spannungen in der Region deutlich verschärft, nachdem Kim Jong Un mehrfach Raketen sowie Anfang September eine weitere Atombombe getestet und damit gegen UN-Resolutionen verstoßen hatte. Die USA hatten Nordkorea vor einer Woche auf die Liste der staatlichen Unterstützer von Terrorismus gesetzt, was Pjöngjang als schwere Provokation kritisiert hatte.
Quelle:deutsch.trt
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