Mercedes GLC 300 - Alternative zum AMG?

  06 Dezember 2017    Gelesen: 915
Mercedes GLC 300 - Alternative zum AMG?
So richtig Power unter der Haube eines SUV kann schon Spaß machen. Doch solche Sportfreunde á la Mercedes-AMG haben ihren Preis. Eine Alternative könnte der GLC 300 sein. Aber reicht ein Vierzylinder mit 245 PS wirklich aus?
Mit dem Mercedes-AMG GLC 63 und 63S haben die Affalterbacher die verschärfteste Version des mittleren SUV aus Stuttgart auf die Straße gebracht. Fetter V8, 476 PS bis 510 PS und 650 respektive 700 Newtonmeter maximales Drehmoment werden bei Bedarf auf beide Achsen geschleudert. Fahrprogramme von Comfort bis Race machen den GLC so zu einem echten Pitbull, der im Grenzbereich schon echt fies werden kann. Eine Stufe darunter rangiert der AMG 43. Unter der Haube pumpt ein 3.0-Liter-V6-Biturbomotor – übrigens der einzige Sechszylinder in einem GLC – mit einer Leistung von 367 PS sowie einem maximalen Drehmoment von 520 Newtonmetern. Für den Sprint aus dem Stand heißt das, es braucht lediglich 4,9 Sekunden, bis die 1,8 Tonnen auf Tempo 100 beschleunigt sind.

Alles Spaßmaschinen, die so richtig nach vorne gehen und bei sportlichen Fahrern keine Wünsche offen lassen. Aber diese Affalterbacher Renn-SUV haben ihren Preis. In einen 63er steigt man ab 86.334 Euro ein, für den 63S werden sogar 95.140 Euro fällig und selbst ein 43er kostet blank mindestens 65.807 Euro. Da wirkt der GLC mit dem Kürzel 300 am Bürzel für 55.192 Euro geradezu wie ein Schnäppchen. Ist es natürlich nicht, denn auch hier kann die Optionsliste den Preis locker über 65.000 Euro treiben. Und selbst dann sind Feinheiten wie elektrisch verstellbare Sitze oder der schlüssellose Zugang noch nicht enthalten. Dafür gibt es einen Reihen-4-Zylinder, der seine Kraft von 245 PS aus 2,0 Litern Hubraum schöpft. Auch hier wird das maximale Drehmoment von 350 Newtonmetern an beide Achsen weitergereicht.

Nicht spektakulär, aber souverän

Natürlich sind die Leistungsdaten lange nicht so spektakulär wie bei den Brüdern aus Affalterbach. Dennoch, der GLC funktioniert auch mit dieser Motorisierung ganz prima. Obgleich es schon ein Unterschied ist, ob man das SUV oder das sportliche Coupé bewegt. Nicht nur, dass die Optik dank der abfallenden Dachlinie das stämmige Heck und die wuchtigen Lufteinlässe an der Front das SUV-Coupé um ein Vielfaches dynamischer wirken lässt, auch das Fahrverhalten unterscheidet sich. Der fehlende hohe Aufbau lässt das Coupé deutlich leichtfüßiger durch Kurven ziehen, sorgt aber auch dafür, dass man sich als Erster an der Ampel furchtbar verrenken muss, um das Lichtleitsystem im Auge zu behalten. Das hat zwei Gründe: der eine ist die stark abfallende Frontscheibe, der zweite die hinter dem Rückspiegel verbaute Einheit für Sensoren und Kameras.

Auf Wunsch schmiegt sich die erste Reihe in wohlgeformte Sportsitze, findet aber das von außen versprochene Raumgefühl nicht wieder. Nicht dass es eng wäre, man sich gar stoßen würde. Nein, das nicht. Vielmehr ist es, als schlüpfe man in einen Maßanzug. Hier könnte es aber sein, dass der nicht jedermann passt. Wem er aber sitzt, der wird sich wohlfühlen. Ergonomisch ist alles da, wo es hingehört. In der Mittelkonsole liegt der Handschmeichler samt Touch-Fläche und darunter befindet sich der Druck-Dreh-Steller. Über beide Elemente lassen sich die Menüs im 8,4 Zoll großen Hauptbildschirm bedienen, der mercedestypisch nicht berührungsempfindlich ist.

Freude mit dem Copiloten

Schön ist, dass der adaptive Lenk- und Spurhalteassistent nicht über wirre Tastenkombinationen am Lenkrad aktiviert und deaktiviert werden muss, sondern über zwei separate Knöpfe links unterhalb der Lüftungsdüsen. Damit sind auch gleich zwei optionale Beigaben erwähnt, die in Summe mit 2499 Euro zu Buche schlagen. Die Rede ist vom Totwinkel-, Notbrems- und Stauassistenten sowie der Verkehrszeichenerkennung. Letztlich eine Investition, die sich ebenso lohnt wie der Parkpilot mit 360-Grad-Kamera für 1250 Euro. Der schiebt das Sport-SUV in einem beachtlichen Winkel quer und längs in die Lücke, dass man hier für den eigenen Parkvorgang noch was lernen kann. Schön auch, dass die Elektronik selbständig die Notbremse zieht, bevor man auf ein Fahrzeug aufgefahren ist.

Und weil wir gerade bei den Assistenten sind, soll der adaptive Abstandstempomat mit ein paar Worten des Lobes bedacht werden. Die Aktivierung erfolgt über einen zusätzlichen Hebel unterhalb des Blinkgebers. Ob man es mag, sei jedem selbst überlassen, aber es ist für den Moment noch ein Alleinstellungsmerkmal. Für zukünftige Modelle wird die Steuerung auch bei Mercedes ins Lenkrad wandern, wo sie bei E- und S-Klasse bereits sitzt und für die neue A-Klasse angekündigt wurde.

Doch zurück zum elektronischen Copiloten. Der erfreut im Zusammenspiel mit den oben erwähnten Helferlein dahingehend, dass der Fahrer im dichten Verkehr und im Stau ziemlich gelassen die Arbeit abgeben kann. Schön ist, dass in der letztgenannten Situation auch im Bereich unterhalb von 20 km/h der Stauassistent zugeschaltet werden kann. Das ist nicht bei allen Herstellern so. Die Technik im GLC beherrschte diese Spielart und machte so die leidigen Staufahrten jeden Morgen zur Arbeit mehr als erträglich.

Einfach mal Sport probieren

Nun will man aber mit dem Stuttgarter Sportfreund nicht nur entspannt im Stau abhängen. Wenn er hier schon als Alternative zu den AMG-Modellen ins Feld geführt wird, dann soll auch beschrieben werden, wie die 245 Pferde auf die Peitsche reagieren. Klar, und hier sei vor falschen Erwartungen gewarnt, die schieben lange nicht so an wie 367 PS oder gar 510 PS. Bei den Fahrprogrammen hält sich der 300er mit Eco, Comfort, Sport und Sport Plus jedenfalls nicht zurück, gibt sogar angenehm brummig Ton, wenn die extrovertierteste Fahrstufe eingelegt wird. Da es keine Sportauspuffanlage mit Klappensteuerung gibt, wird auch der Nachbar beim morgendlichen Start von der Pole nicht aus dem Bett fallen.

Aber wenn es die Straße zulässt, beschleunigt sich das GLC Coupé in 6,5 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Die Spitzengeschwindigkeit gibt das Datenblatt mit 236 km/h an. Souverän erfahren wurden 210 km/h. Da regelte das System auf Grund der Winterreifen automatisch ab. Letztlich bei widrigem Wetter mit viel Regen und Temperaturen um die vier Grad Celsius auch ausreichend. Allerdings war der Stuttgarter so auch nicht in den Grenzbereiche zu bringen. Schon gar nicht im Comfort-Modus. Bei einem spontanen Tritt auf das Gaspedal reagiert der Stuttgarter hier ein wenig zu zögerlich. Erst bei Sport und Sport Plus geht er fühlbar spontaner zur Sache.

Unterstützt durch das Fahrwerk mit Verstelldämpfung für zusätzliche 1130 Euro lässt sich das SUV-Coupé im Sport-Plus-Modus gestrafft durch die Kehre führen. Es regelt entsprechend spät über das ESP ein, ohne den Druck zu früh aus der Fahrt zu nehmen. Unterstützt wird das durch den permanenten Allradantrieb. Das Spiel kann man natürlich auch im Comfort-Modus machen, wird dann aber schnell merken, dass der Wagen sich mehr neigt und lange nicht so stabil wirkt. Dadurch, dass der hohe Aufbau eines klassischen SUV fehlt, bleibt das Verhalten immer kontrollierbar. Insgesamt ist das Fahrverhalten des GLC 300 ohnehin eher gutmütig. Ganz anders als beim GLC AMG 63S.

Langläufer mit Platzmangel

Der 300er ist mit dem vom Hersteller verordneten Konsum von Super Plus kein Kostverächter, hält sich aber dafür beim Verbrauch zurück. Mit denen im Test erfahrenen 10,2 Litern kann man sich in dieser Leistungsklasse durchaus anfreunden. Zumal der Durst auf Autobahn und Landstraße im lockeren Dauerlauf um mindestens einen Liter gedrückt werden kann. Und wenn man es realistisch betrachtet, handelt es sich beim GLC Coupé ja eher um einen Langläufer als um einen City-Flitzer. Allerdings könnte sich hier gerade bei Familienmenschen in Urlaubslaune ein Problem auftun.

In der zweiten Reihe herrscht zwar genug Platz und die Kinder des Autors - 10 und 13 Jahre alt - waren mit den Transportbedingungen durchaus einverstanden. Das eigentliche Problem liegt jedoch im Gepäckabteil. Mit 550 Litern Fassungsvermögen ist es rein rechnerisch üppig bemessen. Das Problem ist, dass ob der hohen Ladekante auch der Ladeboden nach oben wandert. Und das, was sich darüber durch die steil abfallende Dachlinie auftut, ist nur bedingt urlaubstauglich. Natürlich befindet sich darunter ein doppelter Ladeboden. Wirklich bequem ist dessen Be- und Entladung aber nicht. Doch wie heißt es: Wer schön sein will, muss auch ein bisschen leiden.

Fazit: Für Menschen, die Fahrdynamik bis zum Exzess bevorzugen, ist der Mercedes GLC 300 auch als Coupé keine Alternative zu einem wie auch immer motorisierten AMG. Da ist schon ein anständiger Respektabstand. Wem es aber reicht, flott unterwegs zu sein, der macht mit dem größten Benziner nichts verkehrt. Ausreichend sportlich zieht er uns Eck, knurrt auch mal böse und ist mit maximal 236 km/h nur minimal langsamer als die abgeregelten Sportler aus Affalterbach. Mehr Kofferraum haben die im Übrigen auch nicht, kosten aber mindestens 30.000 Euro mehr.

DATENBLATT Mercedes GLC 300 4Matic
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) 4,73 / 1,89 / 1,60 m
Radstand 2,10 m
Leergewicht (DIN) 1785 kg
Sitzplätze 5
Ladevolumen 550 / 1400 Liter
Motor Vierzylinder Ottomotor mit 1991 ccm Hubraum
Getriebe 9-Gang-Automatik
Systemleistung 180 kW / 245 PS bei 5500 U/min
Kraftstoffart Benzin Super Plus
Antrieb Allradantrieb
Höchstgeschwindigkeit 236 km/h
Tankvolumen 66 Liter
max. Drehmoment 370 Nm bei 1300 - 4000 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h 6,5 Sekunden
Normverbrauch (kombiniert) 7,5 Liter
Testverbrauch (kombiniert) 10,2 Liter
CO2-Emission kombiniert 169 g/km
Effizienzklasse C / EU6
Grundpreis 55.192 Euro
Preis des Testwagens 69.680 Euro
Quelle: n-tv.de

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