Demokratie in Kuba – ein anderes Modell

  08 Dezember 2017    Gelesen: 499
Demokratie in Kuba – ein anderes Modell
Die Wahlen zur neunten Nationalversammlung Kubas finden Anfang 2018 statt. Raul Castro will kein weiteres Mandat mehr als Staatschef übernehmen. Ein möglicher Nachfolger ist bereits in Sicht. Basisdemokratische Wahlen bilden die Grundlagen des Systems.
Am 26. November fand in Kuba der erste Wahlgang zur Erneuerung der Volksvertretungen auf kommunaler Ebene statt. Die Bevölkerung stimmt insgesamt in drei Etappen über Stadträte, Provinzparlamente und die Nationalversammlung ab. Am Ende des Wahlprozesses werden der Staatsrat und der Ministerrat aus den Reihen der Abgeordneten des Nationalparlaments berufen.

Laut Gesetz müssen auch die Regierungsbeauftragten die einzelnen Abschnitte der Urnengänge durchlaufen und in einem Wahlkreis an der Basis kandidieren. Entgegen dem in den Medien gezeichneten Bild von der Diktatur Kubas ist festzustellen, dass bei den Wahlen ein bedeutender Bereich für die direkte Mitbestimmung der Bevölkerung besteht. Bereits in der ersten Etappe der Stimmabgaben werden die Weichen für die übergeordneten Volksvertretungen gestellt. Auch die Abgeordneten aus sozialen Bewegungen und gesellschaftspolitischen Organisationen sind ein interessantes Beispiel für verstärkt themenbezogene Abstimmungsmöglichkeiten.

Der bisherige Staatschef Kubas, Raul Castro, hat bereits mehrfach angekündigt, dass er für eine weitere Regierungsperiode nicht mehr zur Verfügung stehe. Er ist 86 Jahre alt und gehört zur sogenannten "historischen Generation" der Mitkämpfer von Fidel Castro und Che Guevara gegen die Batista-Diktatur (1952 - 1958).

"Wie ich bereits auf unserem letzten Parteikongress gesagt habe, beende ich am 24. Februar 2018 mein Amt und ziehe mich in den Ruhestand zurück", äußerte sich Raul Castro bereits Ende 2015 auf einem Staatsbesuch in Mexiko.

Der Zeitpunkt einer Veränderung an der Regierungsspitze rückt näher. Raul Castro persönlich hat eine Verfassungsänderung vorgeschlagen: Niemand soll länger als zwei Regierungsperioden an der Staatsspitze stehen.

Die nächste Generation wird nun die Regierungsaufgaben in Kuba übernehmen. Dazu gehört der bisherige Vizepräsident, Miguel Díaz-Canel, ein 57-jähriger Ingenieur. Diaz-Canel ist seit seiner frühesten Jugend Mitglied der kommunistischen Partei und war in mehreren kubanischen Provinzen Parteisekretär. Er vertritt Kuba häufig auf dem internationalen diplomatischen Parkett. Nach verschiedenen Medienberichten hat er größere Chancen, Kubas Präsident zu werden.

Gleichzeitig ist noch ungeklärt, ob Raul Castro weiterhin Generalsekretär der kommunistischen Partei Kubas bleibt. Es ist davon auszugehen, dass er sich nicht völlig aus dem politischen Geschehen zurückzieht. Seine angesammelten Erfahrungen werden in dem anstehenden Prozess der neuen Orientierungen in Kuba weiterhin Gewicht haben.

Bei der Jährung des Todestags von Fidel Castro am 25. November, äußerte sich eine junge Kubanerin vor den Kameras der Presse:

Die Frage der wirtschaftlichen Entwicklung Kubas wird in den nächsten Jahren unser Schicksal entscheiden. Gerade jetzt bräuchten wir Fidel, sein kritisches Denken, seinen Wagemut, mit dem er immer wieder neue Wege eingeschlagen hat".

Ein anderer Kubaner erinnerte sich an eine bemerkenswerte Eigenschaft Fidel Castros:

Immer wenn es besonders schwierig wurde, hat er sich radikalisiert."

Auf der politischen Agenda Kubas stehen mehrere wichtige Themen. Zum einen die staatliche Dezentralisierung, mehr Öffnung für private Dienstleistungen und Kleinunternehmen und die Vereinheitlichung der Doppelwährung des kubanischen Pesos CUP mit dem am US-Dollar orientierten Peso CUC. Die Regierung hat in den vergangenen drei Jahren Schritte in Richtung Einheitswährung unternommen, doch sie scheinen noch immer unzureichend zu sein.

Die ursprüngliche Zielvorgabe für das Wirtschaftswachstum von 2 Prozent jährlich wurde Mitte vergangenen Jahres auf 1 Prozent vermindert. Das lateinamerikanische Wirtschaftsinstitut CEPAL kalkuliert das aktuelle Wachstum Kubas inzwischen mit 0,5 Prozent. Die Millionenschäden durch den Hurrikan Irma im September erschweren die Wirtschaftslage. Besonders die Landwirtschaft wurde stark in Mitleidenschaft gezogen, was mit dazu beigetragen hat, die Lebensmittelpreise zu verteuern.

Kuba hat in zahlreichen Ländern, besonders in Krisensituationen in Afrika, kostenlose medizinische Hilfe erteilt. Gerade in verschiedenen Staaten Lateinamerikas haben kubanische Ärzte Tausenden von Menschen mit kostenlosen Augenoperationen wieder zum Sehen verholfen. "Operation Wunder" wird dieses Unternehmen genannt. Doch vor kurzem musste sein Botschafter vor der UNO um finanzielle Katastrophenhilfe bitten, weil es kaum Unterstützung erhielt.

Die Sanktionen der Regierung Trump verschärfen die Probleme noch mehr. Der Tourismus aus den USA, der seit der Öffnung Millionen Besucher aus den USA brachte, wurde nun von US-Seite wieder eingeschränkt. Von daher braucht Kuba nun seinerseits ein "Operation Wunder" und zwar im wirtschaftlichen Bereich.

Gleichzeitig blockiert die US-Politik nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung der Insel, sondern damit einhergehend auch gesellschaftliche und kulturelle Veränderungen. Der Ruf nach "mehr Demokratie" seitens der USA und auch von europäischen Staaten stellt für Kuba eine Falle dar. Im Kontext einer neuerlichen aggressiven Bedrohung von außen muss er unweigerlich die Sorgen vor möglichen Destabilisierungsversuchen wecken. Die Kubaner meinen, ihre innere Stabilität schützen zu müssen.

deutsch.rt

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