Zur Zeit gleitet gar nichts - und Nana Ehlers dürfte recht viel Zeit im Büro verbringen. Die Einsatzbereitschaft der wichtigsten Waffensysteme der Bundeswehr erreicht immer wieder Tiefstände. Beispiele:
Abgetaucht: Die Marine
Seit das Unterseeboot U35 nach einer Havarie im Oktober mit einem beschädigten Ruderblatt in die Werft musste, fährt kein einziges deutsches U-Boot mehr. Alle sind in der Werft oder warten auf die Reparatur dort. Das Problem sind fehlende Ersatzteile. Im Kalten Krieg war das Materialdepot noch prall gefüllt. Wegen des Schrumpfkurses der vergangenen Jahre hat die Truppe keine auf Vorrat. Nun kann man sie nicht im Baumarkt kaufen, sondern muss lange warten, bis die Industrie nachliefert.
Dass gar kein U-Boot mehr fährt, wirke sich auch auf Ausbildung und Übung der Besatzungen aus, sagt ein Sprecher der Marine. "Das kann man nicht schönreden." Ende 2018 sollen zumindest drei U-Boote wieder fahren.
Am Boden: Die Luftwaffe
Der A400M gilt als modernstes militärisches Transportflugzeug der Welt. Aber an manchen Tagen ist keine einzige der 14 Maschinen einsatzbereit. So wie vergangenen Dienstag. "Manchmal haben wir noch Tiefpunkte", räumte der Inspekteur der Luftwaffe, Karl Müllner, da ein. Aber es handle sich eben um ein "Flugzeug im Anfangsflugbetrieb".
Deutschland hat 53 Maschinen beim Hersteller Airbus bestellt, um die ein halbes Jahrhundert alten Transportflugzeuge vom Typ Transall zu ersetzen. Was der Stolz der Luftwaffe sein sollte, macht nun immer wieder als Pannenflieger Schlagzeilen. Bei ihrer ersten Dienstreise mit einem A400M blieb Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen im Februar in Litauen liegen - Triebwerkschaden.
Die Luftwaffe verweist auf häufige Wartungs- und Prüfintervalle beim A400M - und auf Kinderkrankheiten. "Wir müssen lernen, erleben und erfahren, was gewartet werden muss und was kaputt gehen kann", sagt ein Sprecher. Aber auch bei den Anfang der 80er Jahre eingeführten Tornados ist im Schnitt nur knapp die Hälfte einsatzbereit - wegen Altersgebrechen, denn die alten Systeme müssen kontinuierlich erneuert, umgerüstet und modernisiert werden.
Festgefahren: Das Heer
Mitte November berichteten die Zeitungen der Funke Mediengruppe, dass die Truppe mehr als die Hälfte ihrer Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 nicht einsetzen kann. Von den 244 Panzern seien lediglich 95 einsatzbereit. 53 stünden bei der Industrie zur Umrüstung oder Instandhaltung, 7 bei Firmen und Prüfstellen als Referenzmodelle, weitere 89 seien "nutzungsbedingt ausgefallen". Sie könnten nicht repariert werden, weil Ersatzteile fehlten.
Die Aufträge im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung seien sprunghaft gestiegen, dadurch erhöhe sich der Materialverschleiß, sagte ein Sprecher. "Unfassbar", kommentierte der SPD-Verteidigungspolitiker Wolfgang Hellmich die Zahlen.
Im Verteidigungsministerium spricht man von Wasserständen. Wichtig sei nur, dass man alle Einsätze durchführen könne. Ein gewisser Teil der Systeme sei stets in der Ausbildung, in der Instandsetzung oder bei Herstellern. "Ein Verfügungsbestand von 70 Prozent im täglichen Dienst ist das Ziel", sagt ein Sprecher. Der Verfügungsbestand bezeichnet den Teil der Waffensysteme, der der Truppe für Ausbildung, Übung und Einsätze zur Verfügung steht - wenn der Panzer sozusagen in der Kaserne auf dem Hof steht. Einsatzbereit ist er erst, wenn er alle Funktionen erfüllt, also auch fahren, funken und schießen kann.
Stillstand im Stillstand
Grünen-Verteidigungsexperte Tobias Lindner führt die Probleme nicht nur auf Ersatzteilmängel, sondern auch auf Engpässe bei Technikern in der Bundeswehr zurück. "Gerade beim technischen Personal gibt es immer noch einen Engpass", sagt er. Auch die Industrie trage Mitverantwortung bei den Qualitätsproblemen etwa beim A400M.
Um transparenter zu werden, legt das Verteidigungsministerium dem Parlament seit 2014 einen Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Waffensysteme vor. Schon damals war die Bilanz nüchtern. "Hätte sich von der Leyen in den drei Jahren ernsthaft gekümmert, müsste man Verbesserungen spüren können", kritisiert Lindner. Auch für 2017 rechnet er mit einem enttäuschenden Bericht. Doch der lässt auf sich warten.
Erst wenn ein neuer Verteidigungsausschuss eingesetzt sei, werde man einen Bericht vorlegen, heißt es im Ministerium. Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels kritisiert die Verzögerung. "Wir haben zurzeit keine permanente parlamentarische Kontrolle", sagt der SPD-Politiker. Auch Lindner hat kein Verständnis. Ein Hauptausschuss sei schließlich eingerichtet, in dem auch Verteidigungspolitiker sitzen. "Ich habe den Eindruck, dass man schon in der schwierigen Lage der Regierungsbildung froh ist, wenn man keine schlechten Nachrichten produziert."
Quelle: n-tv.de
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