Österreich im Brennpunkt: Europas Problem mit rechter Politik

  03 Januar 2018    Gelesen: 1650
Österreich im Brennpunkt: Europas Problem mit rechter Politik
In Österreich hat eine rechtkonservative Partei die politische Macht übernommen. Es ist bemerkenswert, dass die Europäischen Union das nicht offen kritisiert.
von Hazel Cagan Elbir

In einer Zeit steigender rechtsextremer Bewegungen in ganz Europa und zunehmender Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und religiösem Separatismus ist in Österreich eine rechtskonservative Partei an die Macht gekommen. Abgesehen von den Reaktionen der Muslime und einiger europäischer Länder ist es bemerkenswert, dass diese Situation von der Europäischen Union (EU) nicht offen kritisiert wird.Vor allem mit der Ankunft von Asylbewerbern in Europa haben sich die Fremdenfeindlichkeit und anti-muslimische Opposition in Europa zusätzlich verschärft, und dieses Problem wird von Tag zu Tag ernster. Europa hat in den letzten Jahren den Eindruck eines Kontinents erweckt, auf dem rechtsextreme Parteien mit ihrer nationalistischen Rhetorik politisch aufgestiegen können. Die Tatsache, dass die EU in dieser Frage keine klare Haltung einnimmt, wie sie es in der Vergangenheit getan hat oder gegenüber der aktuellen polnischen Regierung tut, ist eine Besorgnis erregende Entwicklung.

Im vergangenen Dezember sorgte die Nachricht vom Triumph der Rechtsextremen in Österreich bei Türken, Muslimen und Asylbewerbern, die in Europa leben, für Unruhe. Hinzu kommt ein umstrittenes Ausländergesetz, das im November in Österreich in Kraft getreten ist. Das genannte Gesetz, das harte Strafen für die Asylbewerber vorsieht, wurde durch den österreichischen Innenminister Wolfgang Sobotka der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Gesetz sieht unter anderem vor, eine Geldstrafe von 15.000 Euro für diejenigen vorsieht, die sich weigern, das Land zu verlassen, obwohl ihr Antrag abgelehnt wurde, und für diejenigen zu verhängen, die versuchen, trotz Abschiebung wieder in das Land einzureisen. Im April 2016 wurde die Befugnis der österreichischen Polizei zur Festnahme, Inhaftierung und Abschiebung von Asylsuchenden durch ein entsprechendes Gesetz ausgeweitet. Auch wenn die EU-Mitgliedsstaaten und die Vereinten Nationen (UNO) die strenge Asylpolitik Österreichs kritisiert haben, kann man sagen, dass der Rechtspopulismus, der bereits auf dem Vormarsch ist, in der Region immer stärker wird.

Die Situation hat ein solches Ausmaß erreicht, dass sich die populistischen Führer der rechten Parteien am 16. Dezember 2017 in Prag versammelten mit dem Ziel, eine regionale Koordination zu implementieren. Die Vorsitzenden der Partei „Europa der Nationen und der Freiheit“ (ENF) des Europäischen Parlaments wurden zu dem Treffen eingeladen. Die rechtsgerichtete Partei Alternative für Deutschland (AfD) nahm nicht an dem Treffen teil. Der Führer der Nationalen Front Frankreichs, Marine Le Pen, und der Führer der Befreiungspartei der Niederlande, Geert Wilders, nahmen jedoch an dem Treffen teil. Gastgeber des Treffens war der Vorsitzende der Partei für Freiheit und direkte Demokratie der Tschechischen Republik, Tomio Okamura. Okamura ist bekannt für seine Social-Media-Posts, in denen er fordert, dass die Menschen Schweine in Moscheen herumlaufen lassen und dass sie es vermeiden sollten, bei Muslimen in der Tschechischen Republik einzukaufen. Okamura hat in dieser Sitzung seine rassistische und anti-muslimische Rhetorik noch weiter vertieft, indem er behauptete, dass Europa in Gefahr wäre, von Muslimen kolonisiert zu werden. Gegen das Treffen, das in Verbindung mit Slogans organisiert wurde, die den globalen Terrorismus mit dem Islam verbinden, protestierten tausende von Menschen.

Österreich gegen EU-Beitritt der Türkei

Bei den jüngsten Parlamentswahlen in Österreich hat die Volkspartei (ÖVP) unter der Führung von Sebastian Kurz, der zum weltweit jüngsten Bundeskanzler gewählt wurde, 31,6% der Stimmen erhalten. Die andere Partei der Koalition, die rechtsextreme Freiheitspartei Österreichs (FPÖ), erhielt 26% der Stimmen.

In der kommenden Zeit verspricht die Regierung, ihre Migrationspolitik zu verschärfen. Außerdem kündigte die Regierung an, dass sie gegen die EU-Mitgliedschaft der Türkei ist. ÖVP und FPÖ haben in einem Pressebriefing erklärt, dass sie sich in den nächsten fünf Jahren für die Stärkung der österreichischen Sozialstruktur und für den notwendigen Wandel und die Transformation des österreichischen Volkes einsetzen werden. Ähnlich wie heute, vor 17 Jahren, hatte die FPÖ mit der ÖVP eine Koalitionsregierung gebildet, die dazu führte, dass europäische Regierungen diplomatische Sanktionen gegen Österreich verhängten. Es sei darauf hingewiesen, dass weder Europa noch die anderen Partner Österreichs ein starkes Wort erheben, wie sie es in der Vergangenheit getan haben. In der Vergangenheit hatte beispielsweise der israelische Außenminister David Levi auf den Anstieg der FPÖ-Stimmen reagiert und erklärt, dass Israel die diplomatischen Beziehungen beenden könne. Auch die EU war entsetzt über das Erwachen der Rechtsextremen in Österreich.

Es scheint jedoch, dass solche Reaktionen nicht mehr gültig sind. Diesmal, wenige jahre später am 19. Dezember 2017, kündigte Israel an, seine diplomatischen Beziehungen mit Österreich fortzusetzen.Darüber hinaus gehörten die britische und irische Führung sowie der Präsident des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani, zu den ersten, die der Koalition in Österreich gratulierten. Auch der Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk, erklärte, er „gratuliert der Koalition mit herzlichsten Gefühlen“.

„Österreich-Ungarn ist wieder da“

Es wurde jedoch von Wissenschaftlern festgestellt, dass diese Situation problematisch sein wird, wenn die Entscheidungen der EU über Asylbewerber im Widerspruch zu den Entscheidungen Österreichs stehen. Unter den Betroffenen ist auch die sozialdemokratische SPD in Deutschland, die unter Hinweis auf die Verbindung von Kurz mit der rechtsextremen Regierung in Ungarn zum Ausdruck brachte, dass „Österreich-Ungarn wieder da ist“. Italien kommentierte, dass rechtsextreme Parteien, die in Österreich an die Macht kamen, keine gute Nachricht sind. Der Jüdische Weltkongress gehört auch zu denjenigen, die auf die rechtsextreme Koalitionsregierung in Österreich negativ reagierten. Das Außenministerium der Republik Türkei veröffentlichte am 17. Dezember eine Pressemitteilung zu den Aussagen im Programm der neuen Regierung Österreichs, die vorsieht, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu beenden und Verbündete für diesen Zweck zu suchen. Aus der Pressemitteilung des türkischen Außenministeriums geht hervor, dass Österreich im Falle eines Versuchs, eine solche Politik umzusetzen, im Rahmen des Gegenseitigkeitsprinzips eine angemessene Antwort erhalten wird.

Die aufstrebenden rechtsextremen Parteien in Österreich und die fremdenfeindliche populistische Rhetorik von heute sind, so kann man argumentieren, „eine Fortsetzung der nationalsozialistischen Denkweise, die nicht nur für Deutschland und das jüdische Volk, sondern auch für die Welt zum Alptraum wurde“.

Österreich, das eine wichtige Rolle bei der Geburt des Nationalsozialismus gespielt hat, beginnt heute eine neue Ära des Rechtspopulismus und der Fremdenfeindlichkeit, die sich über ganz Europa ausbreitet. Die Gefahr, die von dieser Entwicklung ausgeht, ist äußerst besorgniserregend. Noch beunruhigender ist das Fehlen einer angemessenen negativen Reaktion internationaler Akteure und Organisationen, im Gegensatz zu dem, was in der Vergangenheit zum Ausdruck kam. Dies ist eine erschreckende Situation für Asylsuchende, die versuchen, ihr Leben in Europa zu führen. Auch die in Europa lebenden Türken und Muslime sind mit einer ähnlichen erschreckenden Situation konfrontiert. Europa bringt bei jeder sich bietenden Gelegenheit seine Besorgnis über den Terrorismus zum Ausdruck, aber der übersehene Terror, der durch die zunehmenden rechtsextremen Bewegungen und Fremdenfeindlichkeit verursacht wird, verstärkt diskriminierende, ausschließende und abwertende Denkweisen im Herzen von Europa.

Die Analyse wurde von Hazel Cagan Elbir zuvor in Englisch verfasst. Sie ist an der türkischen Bilkent-Universität in Ankara, Türkei, tätig. Die Politikanalystin arbeitet für das Zentrum für Eurasische Studien, auch als AVIM bekannt.

Quelle: eurasianews

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