Die Einigung von Union und SPD auf einen Koalitionsvertrag hat im Ausland ein lebhaftes Presseecho hervorgerufen. Einige Zeitungen werten die Einigung als Sieg der SPD und Schwächung von Kanzlerin Angela Merkel. Auch die möglichen Auswirkungen auf Europa werden vielfach beleuchtet.
"Aftenposten" (Norwegen): "Die EU bekommt ein stabiles Deutschland, das mit Frankreich zusammenarbeiten kann, um das europäische Projekt besser auf die Spur zu bringen."
"La Vanguardia" (Spanien): "Europa hat Grund, die neue Große Koalition zu feiern: Sie beendet das deutsche Machtvakuum, das erfolgreich durch den Dynamismus Macron kompensiert wurde. (...) Das Finanzressort fällt in die Hände der SPD, wodurch sich die strengen Sparkriterien des konservativen Schäuble zugunsten einer Geldpolitik ändern werden, die die europäischen Staaten, die Probleme haben, begünstigt."
"El País" (Spanien): "Diese (Koalition) wird aber nicht nur die Stabilität und den Wohlstand des Landes garantieren, sondern auch den Weg zu den Reformen ebnen, die die Europäische Union braucht."
"El Mundo" (Spanien): "Die Große Koalition (...) ist auch ein guter Grundstein, um die europäische Agenda neu zu beleben. (...) Merkel hat einmal mehr ein Beispiel ihrer Führungsqualitäten und Weitsicht gegeben. Deutschland gewinnt. Europa auch."
"Nrc Handelsblad" (Niederlande): "Auf Europa kommen noch mehr Veränderungen zu, als man bisher dachte. ... Es wäre nicht überraschend, wenn dieses Team eher geneigt wäre, EU-Ländern mit einer schwächeren Wirtschaft entgegenzukommen als das Tandem Merkel/Schäuble."
"Ta nea" (Griechenland): "Der Rückzug Merkels hat den neuen Schäuble (Olaf Scholz) gebracht. Ganz Europa hofft jetzt auf das Ende des endlosen Sparens".
"Eleftheros Typos" (Griechenland): "SPD-Regierung mit Merkel als Kanzlerin".
"Corriere Della Sera" (Italien): "Merkel verliert, weil sie einen hohen Preis für ihr viertes Mandat bezahlt. Dass das Finanzministerium an die SPD geht, bedeutet nicht, dass Deutschland in Zukunft Abstriche mit Blick auf die europäischen Regeln macht."
"La Repubblica" (Italien): "Eine pro-europäische Koalition nimmt in Deutschland Gestalt an (...). Die Geburt einer deutschen Regierung, die endlich ohne Argwohn nach Brüssel schaut, ja eher mit Enthusiasmus, und die einen Sozialdemokraten als Finanzminister einsetzt, ist sicher eine gute Nachricht für Europa."
"Times" (Großbritannien): "Angela Merkel wird nicht die dominante europäische Figur sein, die sie in ihren ersten drei Amtszeiten war. Britische Minister, die darauf hoffen, diese Schwäche in den Brexit-Gesprächen auszunutzen, werden wahrscheinlich enttäuscht."
"The Telegraph" (Großbritannien): "Es gibt schlechte Nachrichten für jeden, der gehofft hatte, dass diese Einigung auf eine Koalition Angela Merkel die Freiheit für mehr Flexibilität bei den Brexit-Verhandlungen geben könnte. Die neue Regierung wird stattdessen voraussichtlich viel aktiver den Ausbau der europäischen Integration vorantreiben."
"Duma" (Bulgarien): "Interessant ist, dass danach die CSU das Innenministerium mit Horst Seehofer an der Spitze bekommt, das reformiert werden soll. ... Dies wird wahrscheinlich eine zusätzliche Verhärtung der deutschen Flüchtlingspolitik bedeuten."
"Magyar Idök" (Ungarn): "Merkel muss auch beweisen, dass man die fast zwei Millionen Fremden, die man aufgenommen hat, integrieren kann. ... Wir drücken der neuen deutschen Regierung aufrichtig die Daumen, dass sie mit ihnen etwas anzufangen weiß. Nicht wegen Merkel, sondern unseretwegen."
"Svenska Dagbladet" (Schweden): "Den Angaben zufolge bekommen die Sozialdemokraten sowohl das Finanz- als auch das Arbeitsministerium, und Schulz wird Außenminister. Sozialdemokratischer Jackpot."
"Der Standard" (Österreich): "Dieses Bündnis hat eine Chance verdient, schlicht auch aus dem Grund, weil es ohnehin nichts Besseres gibt."
"Neue Zürcher Zeitung" (Schweiz): "Deutschland wäre bereit für Neues, für einen Aufbruch, für Zukunftsoptimismus. Doch das wird es von Merkel, Schulz und Co nicht erhalten. Die abermalige Große Koalition ist eine Sackgasse."
"Tages-Anzeiger" (Schweiz): "Wie geschwächt Angela Merkel bereits heute ist, zeigt die Verteilung der wichtigsten Ministerien in ihrem neuen Kabinett: Außer dem Kanzleramt bleiben der CDU nur Brosamen."
Quelle: n-tv.de
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