New York (dpa) - Der UN-Sicherheitsrat hat eine Abstimmung über eine mögliche Waffenruhe in Syrien erneut verschoben. Der Rat wolle nun am Samstag über eine entsprechende Resolution abstimmen, sagte der schwedische UN-Botschafter Olof Skoog nach rund sechsstündigen, ergebnislosen Beratungen in New York. «Ich bin extrem frustriert», sagte der sichtlich verärgerte Skoog. «Wir sind nicht in der Lage gewesen, eine Resolution zu verabschieden, um das Leid des syrischen Volkes zu mildern.» Alle Beteiligten seien sich einig, wie dringend eine Waffenruhe beschlossen werden müsse.
Kuwaits UN-Botschafter Mansour Al-Otaibi, derzeit Vorsitzender des Sicherheitsrats, kündigte die Abstimmung für Samstagmittag (Ortszeit, 18 Uhr MEZ) an. «Wir haben keinen Konsens. Wir sind nah dran», sagte Al-Otaibi. Die Abstimmung werde in jedem Fall abgehalten. In einem am Freitag diskutierten Entwurf war eine 30 Tage lange, landesweite Waffenruhe für Syrien vorgesehen. Sie sollte humanitären Helfern Zugang zu belagerten Gebieten verschaffen und UN-Helfern sowie deren Partnern ermöglichen, Kriegsopfer in Sicherheit zu bringen.
Die USA warfen Russland vor, in der Debatte auf Zeit zu spielen. «Unglaublich, dass Russland eine Abstimmung über eine Waffenruhe für den Zugang humanitärer Helfer verzögert», schrieb UN-Botschafterin Nikki Haley auf Twitter. Das syrische Volk könne nicht länger warten. US-Präsident Donald Trump kritisierte Moskaus Rolle im Konflikt scharf und sagte, das Verhalten Russlands und des Irans in dem Bürgerkrieg sei eine Schande.
Die Waffenruhe schien am Freitag zeitweise greifbar, nachdem im höchsten UN-Gremium eine Abstimmung über den Resolutionsentwurf angesetzt worden war. Nach mehreren Verschiebungen zeichnete sich aber eine Hängepartie ab. «Wir arbeiten noch an der Sprache und einigen Absätzen, aber wir haben es fast geschafft», sagte Al-Otaibi, der den Entwurf gemeinsam mit Skoog vorgelegt hatte. Auch am Donnerstag hatte sich der Rat nicht auf einen Text einigen können.
Die EU hatte kurz vor den Beratungebn am Freiitag noch einmal alle Parteien aufgefordert, ihrer Verantwortung nachzukommen und sich geschlossen für eine Ende der Gewalt einzusetzen. «Der Europäischen Union gehen die Worte aus, um den Horror zu beschreiben, den die Menschen in Ost-Ghuta erleben», schrieb die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in einer Erklärung im Namen der Mitgliedstaaten. «Die Kämpfe müssen sofort gestoppt werden.»
Das dreiseitige Papier vom Freitag sieht eine Waffenruhe in ganz Syrien vor, die 72 Stunden nach Verabschiedung der Resolution gelten soll. Bei einer Verabschiedung am Samstagmittag in New York würde sie in Syrien am kommenden Dienstagabend um 19 Uhr (Ortszeit, 18 Uhr MEZ) in Kraft treten und würde zunächst bis zum Abend des 29. März gelten. Militäreinsätze gegen die Terrorgruppen Islamischer Staat (IS), Al-Kaida und Al-Nusra wären von der Waffenruhe laut dem Entwurf vom Freitag ausgeschlossen. Inwieweit sich die Konfliktparteien an so eine Waffenruhe halten würden, ist offen.
Die syrischen Regierungstruppen setzten ihre heftigen Angriffe auf das belagerte Rebellengebiet Ost-Ghuta unterdessen fort. Wegen der dramatischen Lage appellierten Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron an Russlands Präsidenten Wladimir Putin, auf eine Waffenruhe in Ost-Ghuta und Zugang für humanitäre Helfer zu belagerten Gebieten zu drängen.
Die überwiegend von islamistischen Milizen kontrollierte Region nahe der Hauptstadt Damaskus erlebt die schlimmste Angriffswelle seit dem Beginn des Bürgerkriegs vor fast sieben Jahren. Rund 400 000 Menschen sind dort fast vollständig von der Außenwelt abgeschlossen.
Hilfsorganisationen berichten von einer dramatischen humanitären Lage. Der Leiter des Teams Internationale Zusammenarbeit beim
Deutschen Roten Kreuz, Christof Johnen, beschreibt die Lage im
syrischen Ost-Ghuta als dramatisch. «Das Leid der Menschen ist kaum
vorstellbar. Die medizinische Infrastruktur ist weitestgehend
zerstört», sagte der Leiter des Teams Internationale Zusammenarbeit beim Deutschen Roten Kreuz, Christof Johnen, der «Nordwest-Zeitung» (Samstag). «Schon 2014 sahen die Orte in der östlichen
Ghuta aus wie die Trümmerlandschaften in Dresden 1945.»
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