Luxemburg fordert EU zu klarer Positionierung gegenüber Warschau auf
Der Chef der in Polen regierenden Partei für Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jaroslaw Kaczynski, erhob im Streit mit dem Verfassungsgericht schwerwiegende Vorwürfe gegen die Richter. Das Verfassungsgericht decke einen "gigantischen Missbrauch", bei dem "Dutzende Milliarden Zloty" veruntreut worden seien, sagte Kaczynski am Sonntagabend vor dem Sitz des Verfassungsgerichts in Warschau vor etwa 20.000 Anhängern. Dahinter stecke ein Teil der politischen Klasse, nämlich Ex-Kommunisten und ihre Verbündeten.
Kaczynski fügte hinzu, er wolle "diese Bande von Kumpanen zerschlagen". Der Chef der rechtskonservativen PiS warf dem Tribunal auch vor, seine Partei an der Umsetzung ihrer Wahlversprechen hindern zu wollen, wie etwa eine Absenkungen des Renteneintrittsalters, Gratis-Medikamente für Menschen ab 75 Jahren und eine Reform der Familienförderung.
Asselborn sagte nun: "Eigentlich müsste Polen mit seiner Geschichte dafür stehen, alle undemokratischen Tendenzen abzulehnen." Der EU-Ratspräsident fügte hinzu: "Aber offensichtlich nimmt sich die neue Regierung ein Vorbild am ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban."
Der Rechtspopulist Orban war wegen seine Vorgehens gegen Justiz und Medien häufig scharf kritisiert worden. Asselborn versicherte, dass die Entscheidung der polnischen Wähler selbstverständlich akzeptiert werde. "Aber wenn europäische Grundrechte ausgehebelt werden, ist das keine Einmischung in innere Angelegenheiten eines Mitgliedslands, dann muss das unser aller Sorge sein."
Sanktionen kann die EU wegen möglicher Demokratiedefizite eines Mitgliedslandes nur schwer verhängen. Asselborn kündigte aber in einem anderen Fall harte Konsequenzen an, sollte die neue polnische Regierung sich nicht an die Vereinbarungen halten: "Die Verteilung von Flüchtlingen ist europäisches Gesetz", sagte Asselborn "Spiegel Online". "Wenn Polen dieses Gesetz nicht einhält, wird die EU-Kommission ein Vertragsverletzungverfahren einleiten."
Polens Vize-Innenminister Jakub Skiba hatte am Wochenende angekündigt, dass die von der Vorgängerregierung akzeptierte Aufnahme von Flüchtlingen "umformuliert" werden solle. Er versicherte aber: "Wir wollen die Verpflichtung nicht umgehen." Er schloss zugleich nicht aus, dass sich Polen der Klage der Slowakei vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Umverteilung von Flüchtlingen in der EU anschließen könnte. Die Vorgängerregierung hatte einen Plan der EU-Innenminister zur Umverteilung von 160.000 Flüchtlingen in Europa akzeptiert. Davon soll Polen 7000 übernehmen.