Die AfD will - und die Union eigentlich auch

  03 März 2018    Gelesen: 1281
Die AfD will - und die Union eigentlich auch

Ein neuer Beschluss verbietet es Unionsabgeordneten, inhaltlich mit der AfD zusammenzuarbeiten. In der Praxis kann das zu Schwierigkeiten führen - besonders wenn Union und AfD doch eigentlich das Gleiche wollen.

 

Die CDU wollte Deutsch als Landessprache im Grundgesetz verankern. 2008 wurde auf einem Parteitag darüber abgestimmt. Vor vier Jahren gab es in der CSU sogar den Vorschlag, Ausländern in Deutschland vorzuschreiben, dass sie zu Hause deutsch sprechen sollen. Vor rund zwei Jahren forderte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer, dass in Moscheen auf Deutsch gepredigt werden solle. Nun möchte die AfD Deutsch als Landessprache im Grundgesetz verankern. In der Diskussion um den Antrag offenbart sich, wie nahe sich Teile der Union und der AfD sind. Und es wird klar, dass es künftig schwierig werden könnte, das von der Union beschlossene Kooperationsverbot mit der AfD mit guten Argumenten zu unterfüttern.

Als der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner den Antrag vorstellt, mit dem das Grundgesetz geändert und Deutsch als Landessprachen angeführt werden soll, stützt er seine Rede auf Positionen politischer Größen, die sich ebenfalls dafür starkgemacht hätten. Der ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert sei ebenso dafür gewesen wie sein Vorgänger Wolfgang Thierse oder Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Auch der Verein deutscher Sprache stehe hinter einer solchen Regelung. Und letztlich habe sich ja auch die CDU auf besagtem Parteitag 2008 dafür ausgesprochen. "Ich hoffe also auf Ihre breite Zustimmung", sagt er in Richtung der Unionsfraktion.

Doch die wird und darf es nicht geben. Erst diese Woche wurde beschlossen, dass Abgeordnete von CDU und CSU im Bundestag inhaltlich weder mit der AfD noch den Linken zusammenarbeiten dürfen. Wie also argumentieren, wenn es um ein Gesetz geht, das ja auch die Union haben will?

Die CDU-Abgeordnete Gitta Connemann geht mit einem Plädoyer für die deutsche Sprache in die Debatte ("Ich liebe deutsch") und erntet dafür viel Applaus in den Reihen der AfD. "Ich ärgere mich über Besserwisser, die Debatten mit Anglizismen spicken", sagt sie. Die Begeisterung ganz rechts wächst weiter. "Warum also werden wir dem Antrag dennoch nicht zustimmen?", fragt sie dann. Weil die AfD ihre wahren Absichten verschleiere, weil sie Sprache einsetzen wolle, um zu "trennen". "Sie sind Wölfe im Schafspelz. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab", schließt sie ihre Rede.

Vermutungen statt Fakten


Auch der CDU-Abgeordnete Axel Müller vermutet, dass es der AfD um etwas anderes gehe. Behörden sollten Vorgaben gemacht werden können, wie sie mit Sprache umgehen, sagt er. Formulare etwa sollten nach Wunsch der AfD nicht mehr mehrsprachig ausgegeben werden. "Ihr Ziel ist es, Menschen, die nicht richtig deutsch sprechen, auszugrenzen."

Müller bekennt aber auch, dass er beim Parteitag der CDU 2008 dafür gestimmt habe, die deutsche Sprache im Grundgesetz zu verankern. Und relativiert, das sei ja "grundsätzlich richtig". Aber eben auch nicht "unbedingt erforderlich". Die AfD will es, die Union will es eigentlich auch. Die Debatte zeigt: Angesichts des klaren Kooperationsverbots fällt es den Abgeordneten nicht leicht, Argumente gegen die AfD zu finden. In vereinfachter Form lauten diese: Eigentlich wollen sie doch etwas ganz anderes. Deswegen unterstützen wir sie nicht. Vermutungen statt Fakten.

Einfacher haben es da die Fraktionen, die keine Standpunkte mit der AfD teilen. Die deutsche Sprache in einen "Rahmen pressen zu wollen", sagt der SPD-Abgeordnete Mahmut Özdemir, "ist im Endeffekt eine Einschränkung von Grundrechten". Denn das Grundgesetz gelte eben nicht nur für Deutsche, sondern für alle Menschen, die in seinem Geltungsbereich leben. Und das seien eben nicht bloß Menschen, die deutsch sprächen.

Simone Barrientos von den Linken fragt, wo die Gefahr wäre, die in dem Antrag der AfD angeführt wird. "Deutsch gehört zu den zehn meistgesprochenen Sprachen der Welt", sagt sie. Der AfD gehe es nicht um die Förderung der deutschen Sprache, sondern um die Deutungshoheit. "Das ist ein Gesetzentwurf mit reinem Symbolcharakter", so Barrientos.

Erhard Grundl von den Grünen vermutet, dass die AfD vor allem Ängste schüren wolle: "Letzte Woche haben Sie noch vom deutschen Volkstod gesprochen, heute malen Sie uns das Szenario vom Untergang der deutschen Sprache." Der Antrag sei überflüssig, denn in wichtigen Bereichen wie Gerichten oder Behörden schrieben Verfahrensgesetze Deutsch als Sprache bereits vor.

Am Ende findet jedoch auch eine Unionsabgeordnete noch ein überzeugendes Argument: Andrea Lindholz führt an, die AfD beklage in ihrem Antrag, dass die deutsche Sprache zunehmend von anderen Sprachen verdrängt würde. Und ausgerechnet die AfD habe im Wahlkampf Werbung auf Russisch gemacht. "Das ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten."

Quelle: n-tv.de


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