EU verweigert Großbritannien Freifahrtschein in Binnenmarkt  

  08 März 2018    Gelesen: 675
EU verweigert Großbritannien Freifahrtschein in Binnenmarkt
 

Brüssel/London (Reuters) - Die Europäische Union will Banken aus Großbritannien bei einem Freihandelsabkommen keinen unbegrenzten Zugang zum Binnenmarkt gewähren.

 

Nach dem Brexit sei das Königreich ein Drittland, heißt es zur Begründung im Entwurf für die Verhandlungs-Leitlinien der EU-Staaten, der am Mittwoch in die 27 Hauptstädte verschickt wurde. Die Leitlinien sollen den EU-Unterhändlern als Rahmen dienen, wenn sie mit der Regierung in London über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien nach dem Brexit beraten.

“Es wäre das erste Freihandelsabkommen der Geschichte, das die wirtschaftlichen Beziehungen löst und nicht festigt”, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk mit Blick auf den von ihm ausgearbeiteten Entwurf. Der Handel zwischen Großbritannien und der EU werde komplizierter und teurer. Der Sprecher der britischen Premierministerin Theresa May forderte mehr Kreativität der EU.

Im Entwurf heißt es, dass der Marktzugang für Dienstleister aus Großbritannien unter den Regeln des jeweiligen Gastlandes gewährt werden sollte. Außerhalb der Zollunion und des Binnenmarktes zu sein bedeute, dass Störungen der Handelsströme unvermeidlich seien. Die britische Regierung hatte ein umfassenderes Angebot der EU anvisiert, das auch den freien Zugang für die Banken aus der Londoner City enthält.

HAMMOND WARNT EU VOR AUSSCHLUSS BRITISCHER BANKEN
Der britische Finanzminister Philip Hammond warnte indes, dass die Frage der Finanzdienstleistungen kein Nullsummenspiel sei, bei dem Großbritannien nur verlieren und die EU nur gewinnen könne. “Es sollte keine Illusion darüber geben, dass es zu erheblichen Zusatzkosten für EU-Verbraucher und Firmen kommt, wenn der britische Finanzdienstleistungssektor von der EU abgeschnitten wird”. Die Finanzdienstleister machen zehn Prozent der britischen Wirtschaftsleistung aus. Es ist die einzige Branche, in dem das Königreich gegenüber der EU einen Handelsüberschuss hat. In der EU machen sich zugleich Paris, Frankfurt oder Dublin Hoffnung, viele Banken anzulocken.

Tusk betonte, dass die EU Großbritannien nicht die Rechte von Norwegen zubilligen könne, während es nur die Pflichten von Kanada habe. Norwegen ist kein EU-Mitglied, gehört aber zum Europäischen Wirtschaftsraum und zahlt für den Zugang zum Binnenmarkt in den EU-Haushalt ein. Mit Kanada hat die EU ein Freihandelsabkommen (Ceta), das keinen freien Zugang von kanadischen Finanzdienstleistern zum europäischen Markt umfasst. In dem Entwurf für die Leitlinien heißt es, dass es keine Rosinenpickerei geben könne, indem bestimmte Regeln für einzelne Bereiche aufgestellt würden. In dem Handelsabkommen sollte es aber einen zollfreien Warenverkehr geben.

Großbritannien tritt am 29. März 2019 aus der EU aus. Daran soll sich eine Übergangsphase anschließen, deren genauer Zeitraum noch ausgehandelt werden muss. Hammond sagte, die Entscheidung darüber solle beim nächsten EU-Gipfel Ende März fallen.

Der deutsche Handel forderte von der britischen Seite, konkrete Vorschläge vorzulegen, wie die künftigen Wirtschaftsbeziehungen gestaltet werden sollen. “Auch für die britische Wirtschaft wäre eine konkretere Herangehensweise an die Verhandlungen empfehlenswert”, sagte BGA-Präsident Holger Bingmann.


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