Bedrohlich klingen Theresa Mays Tiraden schon. Schaut man sich die britischen Versprechen, Russland „zu bestrafen“ und „in die Schranken zu weisen“, nüchterner an, stellt man bald fest, dass solche Winkelzüge vor allem die britische Hauptstadt und das britische Budget empfindlich treffen würden.
Da stößt die britische Premierministerin die Drohung aus, man werde „die Aktiva des russischen Staates“ einfrieren, weil sie „eine Bedrohung für das Leben und das Eigentum der Einwohner und Bürger Großbritanniens“ bedeuten könnten.
Angesichts dessen, wie nachlässig die britische Regierung im Fall des ehemaligen Doppelagenten Skripal mit der Vernunft, der Logik und dem Gesetz umgeht, kann sich hinter dieser Ankündigung alles Mögliche verbergen.
Die Briten könnten beispielsweise versuchen, einen Teil jener Goldreserven einzufrieren, die Russland in die britischen Staatsanleihen investiert hat. Diesen Schritt könnte Theresa May dann damit begründen, dass es fast schon sittenwidrig sei, den Russen ihr Geld wiederzugeben, weil sie es in neue Panzer, Raketen und vor allem in neue Nervengifte für unschuldige britische Agenten investieren könnten…
Ausgeschlossen wäre ein solcher Fortgang der Ereignisse – bei dem Wahnsinn, der innerhalb der britischen Führung grassiert –, nicht. Doch schaden würde dieses Szenario vor allem Großbritannien selbst. Wer soll denn künftig noch britische Staatspapiere kaufen, wenn damit solch immense politische Risiken verbunden sind? Heute haben die Briten etwas an den Russen auszusetzen, morgen stellen sie plötzlich fest, dass in Saudi-Arabien die Rechte von Minderheiten verletzt werden, übermorgen erkennen sie, dass China die tibetischen Separatisten unterdrückt, und so weiter. Russische Staatsaktiva einzufrieren käme dem Versuch gleich, die eigene Geldbörse anzuzünden.
Als sehr viel wahrscheinlich gilt bei den Beobachtern die Variante, dass die Regierung in London russischen Geschäftsleuten deren britische Immobilien, Unternehmensanteile und Fußballklubs entzieht – sie quasi enteignet. Nicht ohne Grund ist bei den russischen „Weltbürgern“, die sehr viele Jahre und Mittel investiert haben, um sich in Großbritannien ein zweites Standbein aufzubauen, eine gewisse Panik festzustellen.
Worin dabei aber der Schaden für die Mehrheit der russischen Bürger bestehen soll, bleibt Theresa Mays Geheimnis. Profitieren könnte Russland von solchen Maßnahmen der britischen Regierung hingegen schon: Sie wären ein anschauliches Beispiel dafür, was Wladimir Putins Empfehlung an seine Mitbürger, Geld und anderes Vermögen in Russland zu behalten, wert ist.
Der Geschädigte wäre auch in diesem Fall Großbritannien selbst: Sein Staatshaushalt und seine hochdotierten Immobilienmakler, Juristen und Bankiers. Denn auch den arabischen und chinesischen „Weltbürgern“ würde der Umgang der Briten mit den Russen zu denken geben. Ob sie ihre Assets dann immer noch in England halten wollen würden, ist zumindest fraglich. Sollte Theresa May der britischen Wirtschaft wirklich einen solchen Schlag versetzen wollen, wäre das aus unserer Sicht nur zu begrüßen.
Ein weiteres Unheil, das von Theresa May zwar nicht angedroht wurde, aber durch die Medien geistert, ist das Verbot, Aktien russischer Firmen auf der Londoner Börse zu handeln. Dazu sei nur gesagt, dass der Anteil britischer Investoren am russischen Gazprom-Konzern sieben Prozent beträgt – wobei die Nachfrage nach Gazprom-Aktien das Angebot um das Dreifache übertrifft.
Andere mehr oder minder schwere Wirtschaftssanktionen – die Abschaltung vom SWIFT-System etwa oder eine Blockade von Nord Stream-2 – liegen nicht allein im Machtbereich der britischen Führung: Um sie durchzusetzen, müsste Brüssel herangezogen werden.
Nun hat die Europäische Union nicht einmal dem US-Präsidenten zuliebe den Bau der Ostsee-Pipeline Nord Stream-2 blockiert. Wahrscheinlich wird sie es auch nicht tun, um Theresa May dabei zu helfen, deren innenpolitische Probleme zu lösen.
Bei alledem ist zu beachten, dass etwaige russische Gegenmaßnahmen für Großbritannien durchaus schmerzhaft sein könnten. Die Agentur „Bloomberg“ hat im Sommer 2017 berichtet, wie anfällig Großbritannien für Wetterschwankungen und die damit verbundenen Fluktuationen auf dem Gasmarkt sei. Am Ende sei es „höchstwahrscheinlich Russland, das die Einbrüche in der britischen Gasversorgung ausgleichen wird“.
Wie recht „Bloomberg“ mit seiner Prognose hatte, wurde schon im vergangenen Winter klar: Wegen eines Kälteeinbruchs musste London böses, russisches Flüssiggas einkaufen – die Hälfte der britischen LNG-Importe kamen aus Russland.
Überhaupt hat sich das Kräfteverhältnis zwischen Moskau und London in den letzten 17 Jahren stark verschoben. Großbritannien war wirklich einmal groß, aber diese Zeiten sind vorbei.
sputniknews
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